Planungsdokumente: Bebauungsplan Nr. 15.MU.204 „Warnow-Quartier, Dierkower Damm“

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Inhaltsverzeichnis

Begründung

V1 – Diffuse Stadtkante/ Grünraum an der Warnow

In Variante 1 wurde geprüft, ob durch den Entfall zweier Baufelder und eines solitären Gebäudes im südlichen Bereich den Anforderungen des Arten- und Biotopschutzes und des Forstes Rechnung getragen und gleichzeitig die Grundkonzeption des Entwurfs bewahrt werden kann. Variante 1 weist den geringsten Flächenverbrauch im Vergleich zum Ursprungsentwurf und zu den weiteren Varianten auf und wurde daher vom Amt für Umweltschutz und vom Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen positiv beurteilt. Es bleiben verhältnismäßig große und wertgebende Flächenanteile erhalten. Variante 1 weist die niedrigste Beeinträchtigung des Lokal- wie auch Globalklimas auf, da der südliche Bereich mit Torfkörper weitestgehend unbebaut bleibt und in wesentlichen bodenschutzrelevanten Bereichen eine Versiegelung vermieden wird. Das Abrücken von der Uferkante unterstützt zudem den Erhalt eines breiten grünen Warnow Runds. Ein Erhalt der Waldflächen östlich des Speckgrabens und einer größeren zusammenhängenden Habitatfläche ist aufgrund der Baufeldanordnungen nicht möglich.

Durch das Entfallen der beiden südlichen, entwurfsprägenden Baufelder entsteht ein diffuser baulicher Abschluss zur Warnow. Die räumlichen Qualitäten des Ursprungsentwurfs sind kaum noch gegeben. Eine kohärente und funktionierende Quartiersbildung im Sinne eines urbanen Modellquartiers an der Warnow ist nicht möglich. Somit stellt Variante 1 aus städtebaulicher Sicht keinen vertretbaren Kompromiss dar.

V2 – Grünes Band am Warnowufer

Variante 2 bietet eine grundsätzliche Änderung der ursprünglichen städtebaulichen Konzeption – der Finger zur Warnow – und ist in ihrer Form kompakter ausgeprägt. Variante 2 weist den höchsten Flächenverbrauch im Vergleich zu den anderen Varianten auf. Wie in Variante 1 kann östlich des Speckgrabens kein Wald i.S.d. § 2 LWaldG M-V erhalten werden und es werden vorhandene Torfkörper überbaut. Die ausgeprägte Bebauung parallel zum Speckgraben rückt nahe an diesen heran, was zu erheblichen Konflikten mit den bestehenden Biotopstrukturen und Revieren in diesem Bereich führt. Büro Ortlieb prognostiziert in diesem Zusammenhang einen sehr hohen Verlust von Revieren bzw. Revierteilen wertgebender Brutvogelarten abseits des Uferröhrichts der Warnow und einen hohen Kulissenverbau von Revieren, die in der Planung erhalten bleiben. Daher weist Variante 2 die höchsten negativen Einflüsse auf die schützenswerten BV-Arten auf. Die Flächenverluste von Landröhricht und Gehölzbiotopen sind gegenüber Variante 1 und Variante 3 wesentlich höher. Das Abrücken der Bebauung und des Fuß- und Radweges vom Warnowufer ermöglicht eine naturnahe Gestaltung des Uferbereichs. Die Auswirkungen auf das Schilfröhricht und die dort lebenden Arten sind minimal. Eine mögliche Verschiebung des Warnowrundweges nach Norden an die Siedlungskante vermindert zusätzlich Störungen der dort lebenden Arten durch Freizeitaktivitäten. Darüber hinaus tragen die höhere Flächenversiegelung und die damit verbundene dichte Bebauung im Nordwesten, u. a. aufgrund der Blockade von Frischluftschneisen, zu einer Verschlechterung des Stadtklimas bei.

Aus städtebaulicher Sicht ist die Raumbildung und Signifikanz des Stadtkörpers im Sinne der ursprünglichen Konzeption als mäßig zu beurteilen, da die „Finger zur Warnow“ ohne nachvollziehbaren Abschluss an der Südseite des Quartiers verbleiben und eine funktionale Raumfolge weniger stark ausgeprägt ist. Das Warnow-Quartier verliert seinen Bezug zur Warnow und bildet einen Schwerpunkt entlang der unattraktiveren Lagen am Dierkower Damm aus. Eine urbane Quartiersbildung ist im Vergleich zur Variante 1 jedoch möglich.

Insgesamt ist Variante 2 aufgrund der hohen Flächenbedarfe und schmalen Schutzflächen mit vielen Randeffekten (es können zwar Flächen erhalten werden, aufgrund ihres Zuschnitts ist dies für Flora und Fauna jedoch weniger sinnvoll) sowohl aus Sicht des Klima- wie auch aus Arten- und Biotopschutzsicht zu verwerfen.

V3 – Finger zu Warnow und Park und Grünes Band am Stadtpark

Variante 3 behält die wesentliche Grundkonzeption des Rahmenplans (04.09.2020) der „Finger zur Warnow“ bei, reduziert den baulichen Flächenbedarf und rückt weiter vom Speckgraben ab. Somit ist der Erhalt größerer Teilbereiche wertgebender Biotopstrukturen möglich.

Durch das Abrücken der westlichen Siedlungskante und die Einrichtung eines mindestens insgesamt 200 Meter breiten Schutzkorridors ist die Integration bzw. Aufwertung der parallel zum Speckgraben verlaufenden Biotopstrukturen möglich. Durch die Anpassung der Kulissenwirkung der Gebäude und eine Minimierung der Randeffekte an den Biotopen ist die Entwicklung eines kleinteiligen Biotopmosaiks zum Schutz insbesondere des Feldsperlings und der Gimpel möglich. Der Korridor ermöglicht die Schaffung von reich strukturierten Feldgehölzen mit Dornbüschen in extensiv genutzten Wiesen-, Brach-, Moorflächen und Trocken- und Magerrasen. Hierfür ist die Vergrämung durch brutbegleitende Bauarbeiten im Warnow-Quartier und Stadtpark zu beachten. Nach Einschätzung des vom Fachbereich BUGA beauftragten Büros Ortlieb sind weitere Anpassungen der Baufelder zum Erhalt des Landröhrichts zu empfehlen, um eine Störung der dortigen Brutvögel zu vermeiden. Unabhängig von den Anpassungen könnten mit der Umsetzung des Biotopkorridor „Speckgraben“ artenschutzrechtliche Verbotstatbestände vermieden und der Verlust gesetzlich geschützter Biotope minimiert werden.

Variante 3 ermöglicht den Erhalt sowohl eines Teilwaldstückes im Westen des Quartiers am Speckgraben als auch von Gehölzen im Bereich des östlichen Waldstandorts (quartiersinterne grüne Achse). Für Teile des Waldes ist aufgrund der einzuhaltenden Abstandsflächen zu baulichen Anlagen eine Umwandlung nach § 15 LWaldG M-V erforderlich. Nach Auffassung der Fachbüros (UmweltPlan Stralsund und Büro Ortlieb) ist der ökologische Wert des betroffenen Waldes insbesondere aufgrund des jungen Alters des Baumbestands als verhältnismäßig gering anzusehen. Die Waldstandorte entlang des Dierkower Damms können erhalten werden. Variante 3 bietet als einzige die Option, den Erhalt der gem. § 19 NatSchAG M-V geschützten Baumreihe an der Wegeverbindung Hinrichsdorfer Str. – Warnowufer zu ermöglichen. Eine umfassende Abwägung der Thematik erfolgt in einem separaten Antrag zur Waldumwandlung.

Durch einen mindestens 30 Meter breiten, naturnah gestalteten Abstandsbereich (Gebüsche und Verdunstungsgräben für Regenwasser mit Schilf ohne Zierrasen) zwischen Warnow und der südlichen Bebauungskante kann eine Störauswirkung auf Reviere von Brutvögeln im Schilf (Zwergdommel) weitgehend vermieden werden. Damit wird der Biotopverbund gefördert und die Fauna am Warnowufer so wenig wie möglich in ihrem Verhalten gestört. Es wird ein schonender Umgang mit dem Uferröhricht angestrebt, der einen nahezu kompletten Erhalt sichert. Einzige Ausnahme bildet die Zugangsbrücke zur Gemeinbedarfsfläche „Bildung, soziale Zwecke, Kultur“. Die hiermit verbundenen Auswirkungen auf den gesetzlich geschützten Biotopbestand (Röhrichtbestände und Becken mit Schlicksubstrat der Ästuarien) sowie die in diesem Bereich lebenden Tierarten werden im weiteren Planverfahren von den Fachbüros auf ihre Erheblichkeit hin untersucht und erforderliche Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen abgeleitet.

Aufgrund der Potenziale für Arten- und Biotopschutz sowie Biotoperhalt stellt Variante 3 nach Auffassung des Amtes für Umweltschutz und des Amtes für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen unter Maßgaben ebenfalls eine Lösungsmöglichkeit dar. Eine Weiterentwicklung dieser Variante insbesondere aufgrund der erweiterten Grünkorridore im Bereich des Speckgrabens und im Uferbereich gilt es zu prüfen.

Aus städtebaulicher Sicht weist Variante 3 vor allem durch den Erhalt der ursprünglich beschlossenen Grundkonzeption der „Finger zur Warnow“ und der guten Raumbildung nach innen sowie Kulissenbildung nach außen eine hohe Qualität auf. Eine urbane Quartiersbildung zwischen Dierkower Damm, zukünftigem Stadtpark und Warnowufer kann somit ermöglicht werden. Es entsteht ein ausgewogenes Verhältnis urbaner und landschaftlich geprägter Orte. Wegeverbindungen können als attraktive Raumfolgen sowohl in Nordsüdrichtung als auch in Ostwestrichtung gestaltet werden. Das Warnow-Quartier behält seine Anbindung an das Warnowufer.

Variante 3 reduziert gegenüber Variante 2 wesentliche Eingriffe in die vorhandenen (geschützten) Biotopstrukturen und schafft eine Urbanität mit qualitativen Freiräumen und Landschaftsbezügen. Insbesondere für die Raumbedarfe von Brutvögeln sowie für die Jagd- und Balzreviere von Fledermäusen stellt das Büro Ortlieb gegenüber der Variante 2 einen geringeren und gegenüber Variante 1 einen ähnlichen Verlust von Revieren fest. Da Variante 3 zudem die städtebaulich höchsten Qualitäten aufweist, hat sie das größte Potenzial für einen bestmöglichen Kompromiss, welcher die Belange des Arten- und Biotopschutzes, des Forstes und der städtebaulichen Ziele vereint. In der Abwägung stellt sich somit Variante 3 als weiterzuentwickelnde Vorzugsvariante heraus.