Der städtebauliche Rahmenplan „Warnow-Quartier“ stellt das Ergebnis eines umfangreichen Abstimmungs- und Entwicklungsprozesses dar. Um den Anforderungen der Forst, dem Bodenschutz sowie des Arten- und Biotopschutzes gerecht zu werden, wurden im Planungsprozess mehrere Bebauungsvarianten entwickelt. Der Entscheidungsprozess fand hierbei in enger Abstimmung mit dem Fachbereich BUGA, fachlich unterstützt durch das Büro Ortlieb (Biotop- und Artenschutz), dem Amt für Umwelt- und Klimaschutz (Amt 73) sowie dem Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen (Amt 67) statt. Im Folgenden werden die Abwägungsbelange sowie die Gründe für die nun vorliegende Variante des städtebaulichen Rahmenplans dargelegt, welche eine Kompromisslösung zwischen den teilweise widerstreitenden fachlichen Anforderungen des Boden-, Naturschutzes und des Forstrechtes sowie der gewünschten städtebaulichen Entwicklung darstellt.
Rahmenplan Stand 04.09.2020
Mit dem Stand des Rahmenplans, welcher in der Amtsleitungsrunde am 04.09.2020 beschlossen wurde, sind bereits grundsätzliche Ansätze definiert, um erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu vermeiden, zu minimieren bzw. auszugleichen (§§ 15 – 17 BNatSchG). So rückt die Bebauung im Bereich des Zingelgrabens und entlang der Uferkante ab, um Eingriffe in gesetzlich geschützte Feuchtbiotope und Schilfröhricht zu vermeiden bzw. die betriebsbedingten Auswirkungen zu minimieren. Teile der Gehölzbestände können in Form des integrierten „Stadtwaldes“ und durch durchgängige großzügige Grünzüge, der „grünen Finger“, erhalten werden.
Im Bereich des Speckgrabens können jedoch wesentliche Bereiche der geschützten Biotopflächen nicht erhalten werden. Die Bebauung entlang des Speckgrabens blockiert zudem die Luftleitbahn ausgehend von der Dierkower Höhe und begünstigt die Ausbildung von Überwärmungsinseln. Trotz der Integration vieler bestehender Gehölze in den städtebaulichen Entwurf können Waldflächen i.S.d. § 2 LWaldG M-V formal nicht erhalten werden, da der erforderliche Abstand zu baulichen Anlagen von 30 Metern nach § 20 LWaldG M-V nicht eingehalten werden kann. Jagd- und Balzreviere von Fledermäusen können nicht umfassend berücksichtigt werden. Eine Beeinträchtigung der Raumbedarfe wertgebender Brutvögel i.S.d. Vogelschutzrichtline im Nordwesten und im Uferbereich kann nicht ausgeschlossen werden.
Im weiteren Prozess wurden daher sechs Varianten entwickelt und mit Büro Ortlieb, sowie den Ämtern 82 (Forstamt), 73 und 67 und der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern abgestimmt, um insbesondere den Anforderungen der Forst und des Arten- und Biotopschutz gerecht zu werden. Die Abwägungsbelange und Entscheidung für die Vorzugsvariante werden im Folgenden erläutert.
V0 – Kompletter Walderhalt
Abb. 2: Variante V0 – Kompletter Walderhalt
Die Möglichkeit des vollständigen Erhalts der Flächen 2 und 3 sowie des notwendigen Waldabstandes für die Anordnung der Bauflächen (Var. 0) würde zu einer erheblichen Reduktion der Entwicklungsflächen führen. Für die Entwicklung des Quartiers sind erhebliche Mittel für Infrastrukturmaßnahmen erforderlich, die sich nicht proportional zur Reduktion der Entwicklungsfläche senken lassen, da dies in großem Umfang technische Infrastruktur betrifft, die von außen in die Tiefe entwickelt wird. Durch eine Reduktion der Entwicklungsfläche stiege der Preisdruck auf die verbleibenden Flächen mit negativen Folgen für die Entwicklung von preisgedämpftem und gefördertem Wohnungsbau. Eine Berücksichtigung der bestehenden Waldflächen und des notwendigen Waldabstandes würde die zur Verfügung stehenden Flächen um rd. 35 % reduzieren, insbesondere um die von Umwelteinflüssen (z.B. Lärmemissionen) weitgehend unbelasteten, abgeschirmten Flächen zur Unterwarnow hin. Es würde sich - basierend auf der Flächenverteilung des Entwurfsstandes die Geschossfläche um rd. 20 % reduzieren, der Anteil des Wohnens um knapp 40 % (von rd. 89.000 m² auf 53.500 m²). Letztere Reduktion ließe sich durch eine dann notwendige Überarbeitung des städtebaulichen Entwurfs nur teilweise ausgleichen, da nicht alle Lagen im Quartier für Wohnen gleich geeignet sind.
Ein weiterer Nachteil bei vollständigem Erhalt der Flächen 2 und 3 besteht in der räumlichen Zuordnung der Zwischennutzungen zur Bundesgartenschau. Da einerseits Flächen für Stellplätze vorgehalten werden müssen, aber auch zentrale Funktionen (räumlich betrachtet) im Vorfeld der BUGA bereitgestellt und Teile der Bebauung als Modellquartier errichtet werden sollen. Städtebaulich und organisatorisch ist es diesbezüglich sinnvoll, zentrale Einrichtungen im Norden in der unmittelbaren Nähe des Eingangsbereiches und der Einrichtung für Umwelt, Kultur, Wissenschaft und Forschung anzuordnen, da dort auch die Haupterschließung verkehrstechnisch am sinnvollsten zu realisieren ist. Das Modellquartier mit dem Schwerpunkt auf Wohnnutzung sollte daher südlich davon in einem für das Wohnen attraktiven Bereich zum künftigen Stadtpark hin geplant werden.
Eine Entwicklung des Gebietes von Norden und Westen ist auch der unmittelbaren Verfügbarkeit der Grundstücke geschuldet. Die Freimachung der östlichen zurzeit gewerblich genutzten Grundstücke ist weniger zügig zu realisieren.
Die Variante 0 stellt damit keine städtebauliche Variante dar und wurde nicht weiterverfolgt.
Variante 0.1 – Erhalt Waldstandort 2

Abb. 3: Variante V0.1 - Erhalt Waldstandort 2
Variante 0.1 stellt die entfallenden Baufelder bei einem Erhalt des Waldstandortes 2 inklusive der notwendigen 30m Abstandsflächen dar. Durch den Erhalt des Waldstandortes 2 entfallen vier Baufelder im südwestlichen Teil des Gebiets.
Aus städtebaulicher Sicht ist die Raumbildung und Signifikanz des Stadtkörpers der Variante 0.1 im Sinne der ursprünglichen Konzeption als ungenügend zu beurteilen, da die „Finger zur Warnow“ ohne nachvollziehbaren Abschluss an der Südseite des Quartiers verbleiben und eine funktionale Raumfolge weniger stark ausgeprägt ist. Das Warnow-Quartier verliert seinen Bezug zur Warnow und bildet einen Schwerpunkt entlang der unattraktiveren Lagen am Dierkower Damm aus. Es entfallen ca. 17.000m² Nettobauland und 37.200m² Bruttogeschossfläche gegenüber der Variante 3.
Weiterhin sind die für die Durchführung der BUGA temporär notwendigen Flächen für Einrichtungen und Stellplätze nur bedingt zu reduzieren. Daher stünden nur eingeschränkt Flächen für einen ersten Bauabschnitt und die Modellvorhaben der Städtebauförderung (Mehrgenerationenhaus und Theaterwerkstatt) zur Verfügung. Lage und Beschaffenheit der Modellprojekte sind Ausdruck umfangreicher Abwägungsprozesse (Erschließung, Lage im Warnow-Quartier, Bezug zu übergeordneten Grünverbindungen, etc.). Ihre Umsetzung steht im engen Zusammenhang mit bereits bewilligten Fördermitteln des Bundes und ist obligatorisch für den Modellcharakter des gesamten Warnow Quartiers und somit des ersten Bauabschnittes im Rahmen der BUGA.
Insbesondere aufgrund der angestrebten Wirkung des Quartiers während der BUGA, für die drei der vier entfallenden Baufelder alternativlos sind, stellt der komplette Walderhalt des Standorts 2 aus Variante 0.1 keinen vertretbaren Kompromiss dar. Ein Teilerhalt des Waldstandortes 2 und wesentlicher Gehölzstrukturen im Bereich des Speckgrabens sind jedoch möglich (siehe V3.1) und mit den städtebaulichen sowie den zur BUGA angestrebten Zielen vereinbar.
Variante 0.2 – Erhalt Waldstandort 3

Abb. 4: Variante V0.2 - Erhalt Waldstandort 3
Variante 0.2 stellt die entfallenden Baufelder bei einem Erhalt des Waldstandortes 3 inklusive der notwendigen 30m Abstandsflächen dar. Durch den Erhalt des Waldstandortes entfallen drei bis vier Baufelder im südlichen Teil des Gebiets.
Auch in Variante 0.2 ist die städtebauliche Grundkonzeption bei Erhalt des Waldstandortes 3 nicht entwickelbar, da große Potenziale der Quartiersentwicklung und wesentliche Raumfolgen nicht ausgebildet werden können. Durch das Entfallen von entwurfsprägenden Baufeldern entsteht ein diffuser baulicher Abschluss zur Warnow. Die räumlichen Qualitäten des Ursprungsentwurfs sind kaum noch gegeben. Eine kohärente und funktionierende Quartiersbildung im Sinne eines urbanen Modellquartiers an der Warnow ist nicht möglich. Somit stellt Variante 0.2 aus städtebaulicher Sicht keinen vertretbaren Kompromiss dar.
Der Erschließungsaufwand der südwestlichen Bereiche stünde in einem unausgeglichenen Verhältnis zur entwickelbaren Fläche, was sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Quartiers auswirkt. Auch die Belebung der öffentlichen Freiräume ist weitaus weniger ausgeprägt. Es entfallen ca. 14.300m² Nettobauland und 25.500m² Bruttogeschossfläche gegenüber Variante 3.
Obgleich der Waldstatus für den Waldstandort 3 durch die angestrebte Planung verloren geht, so können trotzdem Gehölze des Standortes innerhalb eines öffentlichen Freiraums in Form einer grünen Achse im Quartier erhalten werden (siehe V3.1).
V1 – Diffuse Stadtkante/ Grünraum an der Warnow

Abb. 5: Variante V1 - Diffuse Stadtkante/ Grünraum an der Warnow
In Variante 1 wurde geprüft, ob durch den Entfall zweier Baufelder und eines solitären Gebäudes im südlichen Bereich den Anforderungen des Arten- und Biotopschutzes und des Forstes Rechnung getragen und gleichzeitig die Grundkonzeption des Entwurfs bewahrt werden kann. Variante 1 weist den geringsten Flächenverbrauch im Vergleich zum Ursprungsentwurf und zu den weiteren Varianten auf und wurde daher vom Amt für Umweltschutz und vom Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen positiv beurteilt. Es bleiben verhältnismäßig große und wertgebende Flächenanteile erhalten. Variante 1 weist die niedrigste Beeinträchtigung des Lokal- wie auch Globalklimas auf, da der südliche Bereich mit Torfkörper weitestgehend unbebaut bleibt und in wesentlichen bodenschutzrelevanten Bereichen eine Versiegelung vermieden wird. Das Abrücken von der Uferkante unterstützt zudem den Erhalt eines breiten grünen Warnow Runds. Ein Erhalt der Waldflächen östlich des Speckgrabens und einer größeren zusammenhängenden Habitatfläche ist aufgrund der Baufeldanordnungen nicht möglich.
Durch das Entfallen der beiden südlichen, entwurfsprägenden Baufelder entsteht ein diffuser baulicher Abschluss zur Warnow. Die räumlichen Qualitäten des Ursprungsentwurfs sind kaum noch gegeben. Eine kohärente und funktionierende Quartiersbildung im Sinne eines urbanen Modellquartiers an der Warnow ist nicht möglich. Somit stellt Variante 1 aus städtebaulicher Sicht keinen vertretbaren Kompromiss dar.
V2 – Grünes Band am Warnowufer

Abb. 6: Variante V2 - Grünes Band am Warnowufer
Variante 2 bietet eine grundsätzliche Änderung der ursprünglichen städtebaulichen Konzeption – der Finger zur Warnow – und ist in ihrer Form kompakter ausgeprägt. Variante 2 weist den höchsten Flächenverbrauch im Vergleich zu den anderen Varianten auf. Wie in Variante 1 kann östlich des Speckgrabens kein Wald i.S.d. § 2 LWaldG M-V erhalten werden und es werden vorhandene Torfkörper überbaut. Die ausgeprägte Bebauung parallel zum Speckgraben rückt nahe an diesen heran, was zu erheblichen Konflikten mit den bestehenden Biotopstrukturen und Revieren in diesem Bereich führt. Büro Ortlieb prognostiziert in diesem Zusammenhang einen sehr hohen Verlust von Revieren bzw. Revierteilen wertgebender Brutvogelarten abseits des Uferröhrichts der Warnow und einen hohen Kulissenverbau von Revieren, die in der Planung erhalten bleiben. Daher weist Variante 2 die höchsten negativen Einflüsse auf die schützenswerten BV-Arten auf. Die Flächenverluste von Landröhricht und Gehölzbiotopen sind gegenüber Variante 1 und Variante 3 wesentlich höher. Das Abrücken der Bebauung und des Fuß- und Radweges vom Warnowufer ermöglicht eine naturnahe Gestaltung des Uferbereichs. Die Auswirkungen auf das Schilfröhricht und die dort lebenden Arten sind minimal. Eine mögliche Verschiebung des Warnowrundweges nach Norden an die Siedlungskante vermindert zusätzlich Störungen der dort lebenden Arten durch Freizeitaktivitäten. Darüber hinaus tragen die höhere Flächenversiegelung und die damit verbundene dichte Bebauung im Nordwesten, u. a. aufgrund der Blockade von Frischluftschneisen, zu einer Verschlechterung des Stadtklimas bei.
Aus städtebaulicher Sicht ist die Raumbildung und Signifikanz des Stadtkörpers im Sinne der ursprünglichen Konzeption als mäßig zu beurteilen, da die „Finger zur Warnow“ ohne nachvollziehbaren Abschluss an der Südseite des Quartiers verbleiben und eine funktionale Raumfolge weniger stark ausgeprägt ist. Das Warnow-Quartier verliert seinen Bezug zur Warnow und bildet einen Schwerpunkt entlang der unattraktiveren Lagen am Dierkower Damm aus. Eine urbane Quartiersbildung ist im Vergleich zur Variante 1 jedoch möglich.
Insgesamt ist Variante 2 aufgrund der hohen Flächenbedarfe und schmalen Schutzflächen mit vielen Randeffekten (es können zwar Flächen erhalten werden, aufgrund ihres Zuschnitts ist dies für Flora und Fauna jedoch weniger sinnvoll) sowohl aus Sicht des Klima- wie auch aus Arten- und Biotopschutzsicht zu verwerfen.
V3 – Finger zu Warnow und Park und Grünes Band am Stadtpark

Abb. 7: Variante V3 - Finger zu Warnow und Park und Grünes Band am Stadtpark
Variante 3 behält die wesentliche Grundkonzeption des Rahmenplans (04.09.2020) der „Finger zur Warnow“ bei, reduziert den baulichen Flächenbedarf und rückt weiter vom Speckgraben ab. Somit ist der Erhalt größerer Teilbereiche wertgebender Biotopstrukturen möglich.
Durch das Abrücken der westlichen Siedlungskante und die Einrichtung eines mindestens insgesamt 200 Meter breiten Schutzkorridors ist die Integration bzw. Aufwertung der parallel zum Speckgraben verlaufenden Biotopstrukturen möglich. Durch die Anpassung der Kulissenwirkung der Gebäude und eine Minimierung der Randeffekte an den Biotopen ist die Entwicklung eines kleinteiligen Biotopmosaiks zum Schutz insbesondere des Feldsperlings und der Gimpel möglich. Der Korridor ermöglicht die Schaffung von reich strukturierten Feldgehölzen mit Dornbüschen in extensiv genutzten Wiesen-, Brach-, Moorflächen und Trocken- und Magerrasen. Hierfür ist die Vergrämung durch brutbegleitende Bauarbeiten im Warnow-Quartier und Stadtpark zu beachten. Nach Einschätzung des vom Fachbereich BUGA beauftragten Büros Ortlieb sind weitere Anpassungen der Baufelder zum Erhalt des Landröhrichts zu empfehlen, um eine Störung der dortigen Brutvögel zu vermeiden. Unabhängig von den Anpassungen könnten mit der Umsetzung des Biotopkorridor „Speckgraben“ artenschutzrechtliche Verbotstatbestände vermieden und der Verlust gesetzlich geschützter Biotope minimiert werden.
Variante 3 ermöglicht den Erhalt sowohl eines Teilwaldstückes im Westen des Quartiers am Speckgraben als auch von Gehölzen im Bereich des östlichen Waldstandorts (quartiersinterne grüne Achse). Für Teile des Waldes ist aufgrund der einzuhaltenden Abstandsflächen zu baulichen Anlagen eine Umwandlung nach § 15 LWaldG M-V erforderlich. Nach Auffassung der Fachbüros (UmweltPlan Stralsund und Büro Ortlieb) ist der ökologische Wert des betroffenen Waldes insbesondere aufgrund des jungen Alters des Baumbestands als verhältnismäßig gering anzusehen. Die Waldstandorte entlang des Dierkower Damms können erhalten werden. Variante 3 bietet als einzige die Option, den Erhalt der gem. § 19 NatSchAG M-V geschützten Baumreihe an der Wegeverbindung Hinrichsdorfer Str. – Warnowufer zu ermöglichen. Eine umfassende Abwägung der Thematik erfolgt in einem separaten Antrag zur Waldumwandlung.
Durch einen mindestens 30 Meter breiten, naturnah gestalteten Abstandsbereich (Gebüsche und Verdunstungsgräben für Regenwasser mit Schilf ohne Zierrasen) zwischen Warnow und der südlichen Bebauungskante kann eine Störauswirkung auf Reviere von Brutvögeln im Schilf (Zwergdommel) weitgehend vermieden werden. Damit wird der Biotopverbund gefördert und die Fauna am Warnowufer so wenig wie möglich in ihrem Verhalten gestört. Es wird ein schonender Umgang mit dem Uferröhricht angestrebt, der einen nahezu kompletten Erhalt sichert. Einzige Ausnahme bildet die Steganlage zur Etablierung des Umweltlabors (SO 2). Die hiermit verbundenen Auswirkungen auf den gesetzlich geschützten Biotopbestand (Röhrichtbestände und Becken mit Schlicksubstrat der Ästuarien) sowie die in diesem Bereich lebenden Tierarten werden im weiteren Planverfahren von den Fachbüros auf ihre Erheblichkeit hin untersucht und erforderliche Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen abgeleitet.
Aufgrund der Potenziale für Arten- und Biotopschutz sowie Biotoperhalt stellt Variante 3 nach Auffassung des Amtes für Umweltschutz und des Amtes für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen unter Maßgaben ebenfalls eine Lösungsmöglichkeit dar. Eine Weiterentwicklung dieser Variante insbesondere aufgrund der erweiterten Grünkorridore im Bereich des Speckgrabens und im Uferbereich gilt es zu prüfen.
Aus städtebaulicher Sicht weist Variante 3 vor allem durch den Erhalt der ursprünglich beschlossenen Grundkonzeption der „Finger zur Warnow“ und der guten Raumbildung nach innen sowie Kulissenbildung nach außen eine hohe Qualität auf. Eine urbane Quartiersbildung zwischen Dierkower Damm, zukünftigem Stadtpark und Warnowufer kann somit ermöglicht werden. Es entsteht ein ausgewogenes Verhältnis urbaner und landschaftlich geprägter Orte. Wegeverbindungen können als attraktive Raumfolgen sowohl in Nordsüdrichtung als auch in Ostwestrichtung gestaltet werden. Das Warnow-Quartier behält seine Anbindung an das Warnowufer.
Variante 3 reduziert gegenüber Variante 2 wesentliche Eingriffe in die vorhandenen (geschützten) Biotopstrukturen und schafft eine Urbanität mit qualitativen Freiräumen und Landschaftsbezügen. Insbesondere für die Raumbedarfe von Brutvögeln sowie für die Jagd- und Balzreviere von Fledermäusen stellt das Büro Ortlieb gegenüber der Variante 2 einen geringeren und gegenüber Variante 1 einen ähnlichen Verlust von Revieren fest. Da Variante 3 zudem die städtebaulich höchsten Qualitäten aufweist, hat sie das größte Potenzial für einen bestmöglichen Kompromiss, welcher die Belange des Arten- und Biotopschutzes, des Forstes und der städtebaulichen Ziele vereint. In der Abwägung stellt sich somit Variante 3 als weiterzuentwickelnde Vorzugsvariante heraus.
Ausarbeitung der Vorzugsvariante 3 (V 3.1)

Abb. 8: Variante V3 - Vorzugsvariante Städtebau
In der Abwägung wird Variante 3 als weiterzuentwickelnde Vorzugsvariante bewertet. Auf der Basis der Variante wurde der Masterplan geändert.
Vorzugsvariante 3 wurde auf Grundlage folgender Hinweise fortgeschrieben und im weiteren Planungsprozess vertiefend ausgearbeitet:
- Verbreiterung des Schutzbereichs an der Warnow von 30 auf 50 Meter, ohne Qualitäten der Quartiersgestalt zu mindern, um potenzielle Störungen der Uferbiotope und damit ein Konterkarieren der Zwecke des Korridors zu vermeiden
- Prüfung des Umweltlabors auf dem Wasser und des dazugehörigen Stegs, um Auswirkungen auf brütende Vögel und Fischfauna zu vermindern
- Eine mögliche Verbreiterung des Warnowrundwegs ausschließlich zur wasserabgewandten Seite, um zusätzliche Auswirkungen auf die arten- und naturschutzfachlich wertvolle Ufervegetation (Röhrichtbestand) zu vermeiden
- Beschränkung der Zugänge aus dem Warnow-Quartier zum Warnowrundweg auf vier Standorte
- Naturnahe Gestaltung der Grünanlagen zwischen Warnowrundweg und den Gebäudekanten (warnowseitig) im 50 m-Streifen (naturnahe Gebüsche, kein Zierrasen, Verdunstungsgräben für Regenwasser mit Schilf o.ä., damit der Biotopverbund gefördert wird und die Tiere am Warnowufer so wenig wie möglich Raum verlieren bzw. in ihrem Verhalten gestört werden)
- Anpassung der Bebauung am Westrand des Quartiers zur Vermeidung von Störungen des Landröhrichts
- Ausgleich von unvermeidbaren Störungen von Brutvögeln im Röhricht durch Menschen (ausschließlich Fuß- und Radverkehr, keine PKWs) auf dem neuen Warnowrundweg an geeigneten Stellen des Warnowufers, durch die Neuschaffung bzw. Erweiterung von vorhandenen störungsarmen Uferröhrichten an der Warnow
- Überprüfung der Gebäudehöhen und Ausschluss von größeren Glasfassaden, um ein Kollisionsrisiko für Vögel zu vermindern