3.2.1. Urbane Gebiete (§ 6a BauNVO)
Um die Zielsetzung der Planung bauplanungsrechtlich umzusetzen, werden die zentralen Bereiche des Plangebiets als urbanes Gebiet gemäß § 6a BauGB festgesetzt. Urbane Gebiete dienen ihrer Zweckbestimmung nach § 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. Die Nutzungsmischung muss hierbei nach § 6a Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht gleichgewichtig sein. Um eine höhere Bebauungsdichte zuzulassen, sind zudem die in § 17 BauNVO festgelegten Orientierungswerte für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung deutlich höher angesetzt als etwa für Mischgebiete. Der Orientierungswert für die Grundflächenzahl beträgt 0,8. Der Orientierungswert für die Geschossflächenzahl 3,0.
Entsprechend des Ziels der Planung, wird mit der Festsetzung eines Urbanen Gebietes, das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten sowie die Verwirklichung einer kleinteiligen und vielfältigen Nutzungsstruktur erleichtert und planerisch eine „nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege“ ermöglicht. Um die angestrebte Funktionsmischung zu gewährleisten, sollen die Nutzungsformen Wohnen und Arbeiten zusammen entwickelt und mögliche Störungen auf ein verträgliches Maß beschränkt bleiben. Neben dem Wohnen sind unterschiedliche Nutzungen, wie Handel und Büro, Gastronomie, soziale Infrastruktur, wie auch kleinflächige Handwerksbetriebe, vorgesehen.
TF 1.1: Im Urbanen Gebiet sind die Ausnahmen nach § 6a Abs. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans.
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
Um gesunde Wohnverhältnisse zu erzielen sind auch in Urbanen Gebieten die Wohnnutzungen vor störenden Immissionen zu schützen. Aus diesem Grund sollen störintensive Nutzungen wie Vergnügungsstätten und Tankstellen ausgeschlossen werden.
Auch wenn gemäß des Wortlauts nach § 6a Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in einem Urbanen Gebiet nur kerngebietsuntypische Vergnügungsstätten zulässig sind, wie etwa kleinere Spielhallen oder Wettbüros, können regelmäßig auch von nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten nachteilige Auswirkungen auf sensible Nutzungen ausgehen, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden. Bei den zulässigen Wohnnutzungen in den Urbanen Gebieten handelt es sich um entsprechend sensiblen Nutzungen. Auch bei der geplanten Kita im Plangebiet handelt es sich um eine sensible Nutzung. Weiterhin kann es auch durch Vergnügungsstätten im Sinne des § 6a Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu städtebaulich unerwünschten „Trading-down-Effekten“ kommen, die ausgeschlossen werden sollen. Unter einem Trading-Down-Effekt wird eine mögliche Entwertung von Gebieten verstanden, die sich nicht nur auf monetäre Effekte reduziert, sondern vor allem auch in der allgemeinen Wahrnehmung und Wertschätzung eines Quartiers widerspiegelt. Im konkreten entsteht durch die vorliegend ausgeschlossenen Stätten, z.B. durch aus dem Rahmen fallende Werbeanlagen, geschlossene und nicht einsehbare Fassaden etc. ein abweisender Charakter und eine Beeinträchtigung des subjektiven Sicherheitsgefühls. In Folge dieser Auswirkungen kann es zum Wegzug der Wohnbevölkerung im Umfeld, der Abnahme von Kunden- und Besucherströmen in den benachbarten Betrieben bzw. Geschäften kommen, was zu einem weiteren Attraktivitätsverlust führt.
Weitergehend werden die urbanen Gebiete dahingehend eingeschränkt, dass Tankstellen nicht zulässig sind. Unter anderem aufgrund ihrer verkehrserzeugenden Funktion sind diese mit dem städtebaulichen Ziel der Entwicklung eines autoarmen, gemischtgenutzten Stadtquartiers, welches dem Leitbild der Stadt der kurzen Wege folgt, nicht vereinbar. Der Ausschluss von Tankstellen ist darüber hinaus dadurch begründet, dass von Tankstellen regelmäßig ein erhebliches Störpotential für die umliegende Nachbarschaft ausgeht, die bei den üblichen Öffnungszeiten auch späteren Tageszeiten erfolgen. Neben Emissionen, verursacht durch den Ziel- und Quellverkehr, kommt es des Weiteren auch zu Beeinträchtigungen, ausgelöst durch olfaktorische Auswirkungen (Benzolgeruch, Abgase).
Der allgemeine Nutzungszweck des urbanen Gebiets wird durch diese vorgesehenen Modifikationen nicht in Frage gestellt.
TF 1.2: Im Urbanen Gebiet ist in den an der Straßenseite ausgerichteten Erdgeschossen (1. Vollgeschoss) entlang der Planstraßen A, G und H eine Wohnnutzung nicht zulässig.
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 6a Abs. 4 Nr. 1 BauNVO).
Um das Vorhandensein gewerblicher und sonstiger Nutzungen im straßenseitigen Erdgeschossbereich zu fördern und somit die Schaffung eines lebendigen, durch unterschiedliche Nutzungen geprägten Straßenbilds zu ermöglichen, ist es nach § 6a Abs. 4 Nr. 4 BauNVO für Urbane Gebiete ausdrücklich vorgesehen, in zentralen Lagen das Wohnen im ersten Obergeschoss (Erdgeschoss) auszuschließen. Angesichts der bedeutenden Funktion der Planstraßen A, G und H im Gefüge des Erschließungsnetzes des Warnow-Quartiers, mit einer funktionalen-, verkehrlichen- und gestalterischen Verbindungsfunktion zwischen den Eingangsbereichen im Norden und den Stadtplätzen im Süden, ist es hier städtebauliches Entwicklungsziel eine höhere Ansiedlung von Läden und sonstigen Nutzungen zu forcieren.
TF 1.3: Im Urbanen Gebiet MU L sind mindestens 60 % der Geschossfläche für gewerbliche Nutzungen zu verwenden.
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 6a Abs. 4 Nr. 4 BauNVO).
Mit der Einführung des urbanen Gebiets gemäß § 6a BauNVO, im Jahre 2017, war seitens des Gesetzgebers explizit das Ziel verbunden, den Festsetzungskatalog dahingehend zu erweitern, dass insbesondere in Innenstadtgebieten das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten auch bei Neuplanungen rechtssicher gestaltet werden kann.
Aufbauend auf den Erfahrungen und Schwierigkeiten in der Planungspraxis mit der Nutzungskategorie des Mischgebiets wurde beim Urbanen Gebiet explizit darauf verzichtet, ein bestimmtes Mischungsverhältnis von Wohnen sowie Gewerbe, sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen vorzugeben. Gleichwohl besteht gemäß § 6a Abs. 4 BauNVO die Möglichkeit, differenzierte Festsetzung in Bezug auf den Anteil von Wohn- und Gewerbenutzungen festzulegen. Um der Nachfrage nach innerstädtischen und gut erschlossenen gewerblichen Flächen in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock nachzukommen wird aufbauend auf dem Nutzungskonzept des städtebaulichen Rahmenplans festgesetzt, dass im Teilgebiet MU L ein Anteil von mindestens 60 % der Geschossfläche für gewerbliche Nutzungen zu verwenden ist.
TF 1.4: Im Urbanen Gebiet sind Ferienwohnungen im Sinne des § 13a BauNVO nur ausnahmsweise zulässig.
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 5 BauNVO).
Seit Jeher hat der Fremdenverkehr in der Universitäts- und Hanse- und Universitätsstadt Rostock eine große Bedeutung. Durch die jährlich stattfindenden Volksfeste, wie die Hanse Sail, der historisch gewachsenen Altstadt im östlichen Teil des Stadtzentrums oder etwa durch die unmittelbare Nähe zur Ostseeküste, kommen jedes Jahr eine Vielzahl von Touristen nach Rostock. Insbesondere in attraktiven Lagen treten Ferienwohnungen unter anderem aufgrund ihrer erhöhten Renditeerwartungen vermehrt in Konkurrenz zum Dauerwohnen und können dort das Angebot von Wohnungen, die auf eine Dauerhaftigkeit angelegt sind, verknappen. Aufgrund dessen wird auf Grundlage von § 1 Abs. 5 BauNVO sowie unter Bezugnahme von § 13a BauNVO im Bebauungsplan festgesetzt, dass in den Urbanen Gebieten Ferienwohnungen, die nach § 6a Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zu den nicht störenden Gebewerbetrieben gehören, nur ausnahmsweise zulässig sind.