Pflanzen & Biotope
Durch Bebauung, Versiegelung und Umnutzung geht bau- und anlagebedingt eine Biotopfläche von insgesamt ca. 9,3 ha verloren, weitere 3,2 ha werden beeinträchtigt. Im Umfang von ca. 1,5 ha werden geschützte Biotope überplant. Im Aufstellungsverfahren des Bebauungsplanes wird hierfür eine Ausnahme vom Biotopschutz aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses beantragt. Auf 2,4 ha Fläche bleiben gesetzlich geschützte Biotope erhalten und werden in die künftigen Grünflächen G 7 und G 8 eingebunden, die ausschließlich dem Biotop- und Artenschutz dienen.
Bei Umsetzung der Planung wird die Fällung von einzelnen, nach § 18 geschützten Einzelbäumen erforderlich sowie die Umwandlung von 1,2 ha Wald. Diese erfordert gem. § 7 Abs. 1 UVPG eine standortbezogene Vorprüfung der Umweltverträglichkeit. Die südlichen Waldstandorte 2 und 3 sind nach der Waldfunktionenkartierung M-V als Küstenschutzwald einzustufen. Küstentypische Lebensräume sind jedoch nicht ausgeprägt. Gemäß der Prüfunterlage haben die betroffenen Waldflächen keine besondere Schutz- oder Erholungsfunktion. Die zu erwartenden Auswirkungen der Waldrodung weisen insgesamt keine große Schwere oder Komplexität auf oder gehen auch nicht mit großen Strukturveränderungen einher. Sie sind lokal begrenzt und kompensierbar (vgl. Kap. 4.2.13). Es besteht kein Risiko des Vorhabens für den Menschen, das Risiko für die Umwelt ist gering. Der Waldausgleich erfolgt im Plangebiet durch Festsetzung einer Waldsukzessionsfläche mit Initialbepflanzung am Speckgraben sowie durch eine Neuanlage von Wald bei Niederhagen. Nach erfolgter Auslegung der vorliegenden Planung wird ergänzt, ob die Landesforst eine Genehmigung der Waldumwandlung in Aussicht stellt und das Prüfergebnis bestätigt.
Nach der Bewertungsmethodik wird die Intensität der Nutzung infolge der Planung aus der Nutzungsart bzw. Gebietskategorie abgeleitet. Im Warnow-Quartier ist ein urbanes Gebiet mit einer lt. Rahmenplan ca. 40 %-igen Gewerbenutzung vorgesehen. Aufgrund der im Warnow-Quartier überwiegenden Wohnnutzung wird die Intensität als erhöhte Einwirkung (Stufe 2) gewertet.
Im östlichen Bereich werden dabei Gewerbeflächen mit geringem Biotopwert überplant. Im Süden und Westen sind überwiegend Biotopflächen des Biotoptyps „Grünanlagen der Siedlungsbereiche“ sowie Biotopflächen des Biotoptyps „Staudensäumen, Ruderalfluren und Trittrasen“ betroffen sowie auf ca. 1,4 ha gesetzlich geschütztes Schilf-Landröhricht (VRL).
Die Auswirkungen der Planung werden durch eine vergleichsweise konzentrierte Mischbebauung und grünordnerische Maßnahmen gemindert (vgl. Variantenprüfung, Kap. 4.3). Das Konzept der Freiraumstruktur sieht mehrere Grünzüge vor, die das Plangebiet mit den Grünstrukturen seiner Umgebung verbinden. Wertgebende Biotopstrukturen werden durch die Planung eines ca. 50 m breiten Grünkorridors entlang des Speckgrabens, der Unterwarnow und des Zingelgrabens erhalten bzw. neu entwickelt. Naturnahe Grünflächen für den Biotop- und Artenschutz sind im Umfang von 3,7 ha vorgesehen. Sie umfassen die Grünflächen G 7 bis G 9 und dienen der Erfüllung der Anforderungen, die sich aus dem Biotop- und Artenschutz ergeben. Die Grünfläche G 7 dient darüber hinaus der größtmöglichen Berücksichtigung der im Plangebiet durch Sukzession aufgewachsenen Neuwaldfläche. Die Grünfläche G 8 dient dem Erhalt geschützter Biotope.
Dennoch sind Ausnahmen bzw. Befreiungen vom gesetzlichen Biotopschutz erforderlich. Die betroffenen Biotoptypen sind nur bedingt ausgleichbar. Es verbleibt ein externer Kompensationsbedarf (vgl. Kap.4.2.13 und 8.13). Das kommunale Qualitätsziel zur Freihaltung geschützter Biotope von Bebauung inkl. Schutzzone wird nicht eingehalten.
Trotz der geplanten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen sind die Beeinträchtigungen für Biotope als hoch, Stufe 3 einzuschätzen. Grund hierfür ist der große Anteil von gesetzlich geschützten Biotopen, die infolge der geplanten Bebauung dauerhaft überprägt werden. Die ermittelten Auswirkungen werden als erheblich im Sinne der Überwachungsvorschrift § 4c BauGB eingeschätzt.
Tabelle 5: Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen für das Schutzgut Pflanzen & Biotope
Auswirkung auf das Schutzgut Pflanzen | Festsetzungen im Bebauungsplan |
Minimierung von Verlust und Beeinträchtigung von Biotopen, Bäumen und Gehölzstrukturen |
Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie Bindungen für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen (gem. § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB) |
Tiere
Zur Berücksichtigung der Vorschriften des Artenschutzes gem. § 44 BNatSchG wurde ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (AFB) erarbeitet, der die Betroffenheit von Arten gem. Anhangs IV der FFH-Richtlinie, Europäische Vogelarten gem. Artikel 1 der Vogelschutz-Richtlinie sowie die nach nationalem Recht streng geschützten Arten betrachtet. Dabei wird geprüft, ob durch das Planvorhaben voraussichtlich gegen die Zugriffsverbote gemäß § 44 BNatSchG (Tötungs- Schädigungs- und Störungsverbot) verstoßen wird. Soweit erforderlich sind Vorkehrungen und Maßnahmen zu beschreiben, um artenschutzrechtliche Konflikte zu vermeiden oder um die weitere ökologische Funktionsfähigkeit der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten geschützter Arten im räumlichen Zusammenhang zu gewährleisten. Bei Bebauungsplänen kommt es darauf an, dass die Planumsetzung nicht dauerhaft artenschutzrechtlich gehindert ist. Die zu betrachtenden Wirkfaktoren sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Vögel
Baubedingt kann es zu Verbotstatbeständen, z. B. Störungen durch Lärmemissionen, Beschädigung und Beseitigung von Fortpflanzungsstätten kommen. Anlagebedingt kommt es zu folgenden Auswirkungen (Institut biota 2022a, UmweltPlan 2022):
Verlust von Nistplätzen von in Baumhöhlen brütenden Vogelarten durch Baumfällungen,
Verlust von Nistplätzen von gebäudebrütenden Vogelarten beim Abriss von Gebäuden,
anteiliger Verlust eines Reviers der Sperbergrasmücke,
Verlust von Brutplätzen und Nahrungsflächen sonstiger weit verbreiteter, siedlungsangepasster Arten durch Umwandlung von Freiflächen in Bau- und Verkehrsflächen.
Betriebsbedingt bewirken die Licht- und Geräuschemissionen der neuen Siedlungs- und Verkehrsflächen in den bisher unbebauten Bereichen eine dauerhafte Störung der vorkommenden Brutvögel. Die künstliche Beleuchtung in Städten und Wohngebieten beeinflusst das Verhalten von Vögeln, indem sich Aktivitätszeiten verändern. Die Intensität der Nutzung ist erhöht (Stufe 2).
Zur Minderung und Vermeidung dieser Wirkungen sieht der AFB entsprechende Maßnahmen für die Bauphase (ökologische Baubegleitung, Bauzeitenregelung etc.) und Betriebsphase (störungsarme Gestaltung der Abend- und Nachtbeleuchtung, schonendes Grünflächenmanagement etc.) vor. Dennoch sind zusätzlich Maßnahmen zur Sicherung der ökologischen Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten erforderlich (vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen, CEF-Maßnahmen):
Als Ausgleich für entfallende Brutplätze der Höhlenbrüter sind vor der Brutzeit des Jahres des Baubeginns Nistkästen in doppelter Anzahl der nachgewiesenen Reviere in räumlicher Nähe anzubringen (CEF-3)
Optimierung des Speckgrabenkorridors (CEF-4)
Durch den Verlust der Gehölzstrukturen im Plangebiet verschlechtern sich u. a. die Fortpflanzungsbedingungen für das nachgewiesene Revierpaar der Sperbergrasmücke. Zum Erhalt der ökologischen Funktion müssen neue Nisthabitate im Umfeld des Eingriffsbereichs geschaffen werden. Im angrenzenden Speckgrabenkorridor ist auf ca. 4,2 ha die Entwicklung geeigneter Lebensräume mit kraut- und blütenreichem Grünland und integrierten Gehölzinseln geplant (Maßnahme CEF-4). Durch die Mischung aus Offenland und Gehölzen soll der zu entwickelnde Korridor ideale Brutbedingungen für alle im Geltungsbereich vorkommenden Vogelgilden bieten (Abbildung 17). Durch eine Umsetzung der Vermeidungs- und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme (CEF) und im Verbund mit den an das Plangebiet angrenzenden Lebensräumen bleibt die ökologische Funktion für die lokale Population der Sperbergrasmücke erhalten (Institut biota 2022a).
Abbildung 17: Entwicklung des Speckgraben Korridors (Institut biota 2022a)
Für die Zwergdommel (Röhrichtbrüter) sind lt. AFB keine anlagebedingten Störungen durch die landseitige Planung zu erwarten. Zukünftige Gebäude und Wege wahren einen Abstand von 50 Meter zum binnenseitigen Rand des Uferröhrichts und sind durch geplante und bestehende Gehölze abgeschirmt. Die schwimmende Gemeinbedarfsfläche und die dafür notwendige Zugangsbrücke haben dagegen das Potential, eine Störwirkung in bis zu ca. 50 Metern Umkreis auf die Art zu entwickeln. Aufgrund der häufigen Nutzung des Gebietes, die durch die neue Planung noch verstärkt wird, ist es erforderlich die Schilfbereiche vor weiteren Störungen zu schützen. Zur Minderung sind die Röhrichtbereiche beiderseits der Zugangsbrücke als Ruhezone auch wasserseitig auszuweisen und von weiteren Planungen auszuschließen (AFB-V6). Um Störungen durch die Gemeinbedarfsfläche und deren Zugang weitestgehend zu verringern, sind diese zudem reflexionsarm zu gestalten. Bei Beachtung einer entsprechenden Bauzeitenregelung kann eine baubedingte Zerstörung von Fortpflanzungsstätten bei Errichtung der Zugangsbrücke vermieden werden. Bei der kumulativen Betrachtung der Gemeinbedarfsfläche mit dem im westlichen angrenzenden Stadtpark geplanten Steg reduzieren sich mögliche Bruthabitate der Zwergdommel an der Unterwarnow um ca. 0,8 ha. Da die Art jedoch eine Toleranz gegenüber Störungen aufweist sind lt. AFB dadurch keine erheblichen Störungen zu erwarten, sofern eine Reduktion der land- und wasserseitigen Störungen durch entsprechende Maßnahmen erfolgt. Eine dauerhafte Aufgabe des Brutplatzes bzw. -reviers ist, aufgrund der bereits bestehenden Störungen und den beschriebenen Maßnahmen, nicht gegeben (Institut biota 2022: 73ff.).