Planungsdokumente: Bebauungsplan Nr. 15.MU.204 „Warnow-Quartier, Dierkower Damm“

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Inhaltsverzeichnis

Begründung

Beschreibung der Situation

Rostock ist klimatisch durch ein Küstenklima geprägt und wird nach KOPP dem Großklimabereich des „westlichen Küstenklimas“ zugeordnet. Der maritime Einfluss ist auf Grund der unmittelbaren Lage an der Ostsee hoch. Stadtklimatische Aspekte spielen aber aufgrund der bedeutenden urbanen Veränderungen kleinräumig eine hohe Rolle, vor allem bei autochthonen, d. h. windstillen Wetterlagen. Zur Einschätzung des Lokalklimas liegen die Klimaanalysekarte und die zugehörigen Planungshinweiskarten der aktuellen Stadtklimaanalyse vor sowie eine lokalklimatische Detail-Untersuchung des Warnow-Quartiers (HRO 2020, GeoNet 2021).

Abbildung 24: Ausschnitt aus Klimaanalysekarte (Stadtklimaanalyse HRO, 2020)

Das Lokalklima wird durch die gegenwärtige Biotop- und Nutzungsstruktur und die Nähe zur Warnow geprägt. Die gewerblich genutzten Flächen im Osten weisen aufgrund ihres Versiegelungsgrades lt. Stadtklimaanalyse eine mäßige Aufenthaltsqualität auf. Bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen treten um 3-4 Grad Kelvin höhere Temperaturen als in umgebenden Freiflächen auf. Das Risiko zur Ausbildung von Überwärmungsinseln ist jedoch nicht so stark ausgeprägt wie in der stark versiegelten Stadtmitte. Die Freiflächen im Osten des Plangebietes wirken bei Strahlungswetterlagen als Kaltluftproduktionsgebiet. Der Volumenstrom, d. h. die Stärke der Frischluftbildung, ist gering (Norden) bis mäßig (Süden). Die bioklimatische Bedeutung ist dennoch hoch, denn die Freiflächen wirken ausgleichend auf die angrenzenden Belastungsräume (HRO 2020).

Im Jahresverlauf überwiegen Winde aus west- und südwestlichen Richtungen. Bei windstillen Strahlungswetterlagen wird das Plangebiet aus Nordwesten belüftet, wobei sich die Grünflächen der ehemaligen Deponie als Kaltluftentstehungsareale abzeichnen. Ein Zustrom an Kaltluft erfolgt zudem aus Norden über den Bereich Hinrichsdorfer Straße sowie aus Osten über die Grünflächen An der Zingelwiese (GeoNet 2021).

Nutzungsbedingt ergibt sich eine klimaökologische Zweiteilung des Plangebiets. Die versiegelten Gewerbeflächen im Osten haben eine geringe klimaökologische Bedeutung (Stufe 1), die Freiflächen im Westen und Süden eine hohe klimaökologische Bedeutung (Stufe 3).

Bewertung der Umweltauswirkungen und Ableitung von Festsetzungsmöglichkeiten

Die Auswirkungen der Planung wurden in einer lokalklimatischen Untersuchung betrachtet. Diese berücksichtigt den Versiegelungsgrad sowie Anordnung und Ausmaß der Gebäude in den Baufeldern.

Auswirkungen auf das Lokalklima entstehen im Plangebiet durch die anlagebedingte Erhöhung des Versiegelungsgrades, die Verringerung von Grün- und Freiflächen und die neuen Gebäude. Neu überbaute Flächen verlieren ihre Wirkung als Kaltluftentstehungsgebiet und Ausgleichsfläche für angrenzende Bereiche. Zugleich nimmt auf versiegelten Flächen die Aufenthaltsqualität ab, insbesondere bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen. Die Modellierung zeigt, dass mit Realisierung des Warnow-Quartiers bei diesen Wetterbedingungen die nächtlichen Temperaturen im Umfeld der Gebäude sowie über den versiegelten Oberflächen kleinräumig ansteigt um bis zu 3 Kelvin gegenüber dem Basisszenario zunimmt. Zunahmen von mehr als 2 °C treten vor allem dort auf, wo aktuell Ruderal- oder Gehölzgruppen mit entsprechend starker nächtlicher Abkühlung vorhanden sind. Bebauung und Versiegelung wirken sich daher an diesen Stellen vergleichsweise stark aus. Allerdings sind diese Zunahmen nur lokal ausgeprägt. Im Bereich der bestehenden Gewerbebebauung ist durch die mit den Planungen einhergehende Entsiegelung teils eine Abnahme um bis zu 3 Kelvin zu erwarten.

Die geplanten grünordnerischen Maßnahmen mindern die Effekte. Die naturnahen Grünflächen entlang des Speckgrabens sowie die Grünflächen und temporären Überflutungszonen entlang des geöffneten Zingelgrabens tragen zur Kaltluftentstehung bei. Der in Nord-Süd ausgerichtete Grünzug im Quartier wirkt ebenfalls ausgleichend. Die Aufenthaltsqualität kann durch Baumpflanzungen und begrünte Innenhöfe wesentlich verbessert werden. Die für die Quartiersgaragen geplante Fassadenbegrünung wirkt gleichfalls ausgleichend.

Im Hinblick auf das Windfeld wirkt die geplante Bebauung als Strömungshindernis, andererseits tragen Strukturen zur Durchlüftung bei. So sind die Baufelder entlang des Dierkower Dammes durch Baulücken durchbrochen, insbesondere zwischen den Teilgebieten MU I und MU J. Dort beginnt mit der Grünfläche G4 eine urbane Grünfläche, die den bestehenden Grünzug von der Dierkower Höhe aufgreift und im Quartier in Richtung Warnow fortsetzt. Beeinträchtigungen bestehender Luftströmungen werden so gemindert und eine Durchlüftung des Urbanen Gebietes gefördert. Zudem ist das Gebiet im Süden und Westen durch die Warnow und den zukünftigen Stadtpark begrenzt. Somit befinden sich in unmittelbarer Nähe klimaökologische Ausgleichsräume. Die nach Westen hin geöffneten Blockrandstrukturen erlauben das Einwirken der Kaltluft. Die Beeinflussung der bodennahen Strömungsgeschwindigkeit verbleibt im Nahbereich des Plangebietes. Die Windströmung im Leitbahnbereich der Hinrichsdorfer Straße wird nicht beeinträchtigt.

Gemäß der Bewertungsmethodik ist die mit der Planung verbundene erhöhte Flächenversiegelung und mögliche Behinderung einer Frischluftbahn als mittlere Intensität zu werten (Stufe 2).

Insgesamt werden die Beeinträchtigungen auf das Lokalklima infolge der Planung aufgrund ihrer Lage und Ausgestaltung mittel eingeschätzt. Sie sind nicht erheblich im Sinne der Überwachungsvorschrift § 4c BauGB.

Tabelle 16: Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen für das Lokalklima

mögliche Auswirkungen auf das Schutzgut KlimaFestsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan
Verlust klimawirksamer Freiflächen sowie Abnahme der Aufenthaltsqualität durch Versiegelung und Bebauung
  • Schaffung von öffentlichen Grünflächen mit der Zweckbestimmung "Naturnahe Grünfläche für Biotop- und Artenschutz"
  • Erhalt vorhandener Gehölzbestande (G 7)
  • Erhalt und Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie Bindung für die Erhaltung von Bäumen (§ 9 Abs. 1 Nr. 20 und 25 BauGB)
  • Begrünung der Außenwandflächen der Quartiersgaragen zu mindestens 25 % der Fassadenfläche mit standortgerechten, selbstklimmenden, rankenden oder schlingenden Pflanzen
Behinderung von Luftleitbahnen durch BebauungAusrichtung von öffentlichen Grünfläche mit Zweckbestimmung „Stadtgrün“ und „Naturnahe Grünfläche für Biotop- und Artenschutz“ entsprechend der lokalen Luftleitbahn

Klimaschutz und Klimawandelanpassung

Mit dem Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden im Jahr 2011 sind die Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in der Bauleitplanung gestärkt worden. Gem. § 1 Abs. 5 BauGB sollen Bauleitpläne u. a. den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung fördern. Dabei soll den Erfordernissen des Klimaschutzes sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch Anpassungsmaßnahmen Rechnung getragen werden.