Planungsdokumente: Bebauungsplan Nr. 15.MU.204 „Warnow-Quartier, Dierkower Damm“

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Inhaltsverzeichnis

Begründung

Belastungen durch Hitze

Durch den Klimawandel nehmen extreme Wetterlagen zu. Prognosen zeigen, dass auch in M-V die Anzahl von Sommer- und Hitzetagen ansteigen wird. Infolge der anlagebedingten Zunahme versiegelter Flächen und dem zukünftig geringeren Anteil an Freiflächen werden sich die neu bebauten Freiflächen bei windstillen Wetterlagen zukünftig stärker erwärmen als bisher. Die Untersuchung zum Lokalklima zeigt u. a., dass sich gefühlte Wärmebelastung im Nahbereich der geplanten Gebäude erhöht, aufgrund der Veränderung des Windfeldes sowie der Bodenbedeckung. Dagegen ist insbesondere im östlichen Teil, in gegenwärtig versiegelten Flächenanteilen und zukünftig verschatteten Flächenanteilen lokal eine deutliche Abnahme der Wärmebelastung und eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Freien festzustellen. Abbildung 26 zeigt dies exemplarisch anhand der Physiologisch Äquivalenten Temperatur (PET). Diese ist ein Maß für die gefühlte Wärmebelastung.

Abbildung 26: Differenz der PET von Basis- und Planszenario (GeoNet 2021)

Abb. 10 zeigt die PET an einem wolkenlosen Sommertag dargestellt als Differenz von Plan- und Istzustand. Grüne und blaue Bereiche kennzeichnen Flächen, auf denen die Wärmebelastung besonders stark abnimmt. Die Differenz der PET zeigt den Positiveffekt der vorgesehenen Begrünungs- und Verschattungselemente. Defizite bestehen lediglich in den stärker besonnten und voraussichtlich eher gewerblich genutzten Blockinnenräumen (GeoNet 2021).

Die Umsetzung grünordnerischer Maßnahmen und denen des Konzeptes Schwammstadt (s. o.) werden Hitzebelastungen vorbeugen. Festsetzungsvorschläge sind in Tabelle 18 aufgeführt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass durch die Planung keine erheblich negativen Auswirkungen für das Globalklima oder im Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu erwarten sind, wenn die Empfehlungen der Fachgutachten entsprechend umgesetzt werden.

Tabelle 18: Vermeidung und Minderung der Folgen des Klimawandels

Mögliche Auswirkungen auf das Schutzgut Klima im Zusammenhang mit KlimawandelanpassungMaßnahmen im Bebauungsplan
Überflutungen infolge von Starkregenereignissen Festsetzung von Grünflächen mit temporärer Regenwasserrückhaltefunktion gem. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB
Zulassung extensiver Dachbegründung als Retentionsraum gem. § 9 Abs. 16 Buchstabe c BauGB
Maßnahmen für die Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser (§ 9 (1) Nr. 14 BauGB): Sammlung des auf den Baugrundstücken anfallenden Niederschlagswassers der Dachflächen über ein separates Leitungsnetz in Zisternen und Verwendung als Brauchwasser
Festsetzung von Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind zur Sicherung von Notwasserwegen bei Starkregenereignissen, (Planstraße A; Planstraße G; Planstraße H) in Kombination mit Mulden-Rigolen/Baumrigole
Anhebung der Gebäude auf 3,5 m NHN
Abnahme der Aufenthaltsqualität und Gefahr der Wärmeinselbildung durch Zunahme der VersiegelungMaßnahmen zur Minderung der Wärmeinselbildung stehen in engem Zusammenhang zu grünplanerischen Maßnahmen im Bebauungsplangebiet, z. B.: Erhaltung und Pflanzungen von Bäumen, Sträuchern und sonstige Bepflanzungen sowie Dach- und Fassadenbegrünung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 25a/b BauGB

4.2.8. Schutzgut Landschaft bzw. Ortsbild

Gemäß § 1 BNatSchG ist die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft sowie des Erholungswertes zu sichern. Naturlandschaften und bedeutsame Kulturlandschaftsbereiche sind vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren. Gemäß § 1 Abs. 5 BauGB sollen Bauleitpläne u. a. dazu beitragen die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

Der Geltungsbereich liegt in einem städtischen Kontext, nahe der Innenstadt und unmittelbar an der Unterwarnow. Gemäß Landschaftsplan bildet die Warnow die zentrale Achse des Grünsystems Rostocks. Ein weiterer Uferverbau soll in einem Streifen von 50 m unterbleiben und noch unverbaute Uferzonen sollen besonders geschützt werden (HRO 2013: 124). Der westliche Teil des Plangebietes liegt im Grünverbund des „Optimierten Leitbildes Freiraumentwicklung“ (HRO 2013, Textkarte 9).

Die Aspekte Vielfalt, Eigenart und Schönheit sind in hohem Maße subjektiv und nicht direkt quantifizierbar. Sie lassen sich nur qualitativ beschreiben. Die Bewertung erfolgt daher verbal-argumentativ und berücksichtigt auch die Erholungsfunktion.

Beschreibung der Situation

Der Geltungsbereich liegt am Übergang zwischen Innenbereich (Ortsbild) und der Landschaft der Hechtgraben-Niederung. Das derzeitige Landschafts- bzw. Ortsbild im Geltungsbereich wird durch die zweigeteilte Nutzung geprägt. Je nach Standort und Blickrichtung entsteht ein völlig unterschiedlicher Eindruck des Gebietes. Im Osten bestimmen die mehrstöckigen Hochbauten, Parkplatz- und Lagerflächen der ansässigen Gewerbebetriebe das Bild. Durch die Gebäude am Dierkower Damm ist der Blick Richtung Warnow und dahinterliegende Freiflächen verstellt, Grünflächen oder Gehölze kommen nur kleinflächig vor. Das Ortsbild entspricht im Osten dem einer intensiv genutzten Gewerbegebietsfläche. Nördlich und teils im Zentrum kommen vereinzelt Gehölze und Grünflächen vor, die jedoch als Lagerflächen genutzt werden. Der Zingelgraben ist im Geltungsbereich überwiegend verrohrt und nicht für die landschaftsgebundene Erholung zugänglich.

Von den Rad-/und Gehwegen im Süden und Osten entsteht ein naturnaher Eindruck durch die Gehölz-, Gebüsch und Ruderalflächen. Diese Wegeverbindungen am Rand des Geltungsbereiches haben einen hohen Wert für die Naherholung sowohl für die Anwohner*innen aus Dierkow/ Toitenwinkel, als auch aus der Innenstadt, da sie zur Warnow hin- oder an ihr entlangführen. Die Freiflächen und kartierten Waldflächen sind nicht direkt begeh- oder erlebbar. Sie schirmen den Erholungsraum an der Unterwarnow jedoch zu den angrenzenden Lager- und Gewerbeflächen ab und sind damit bedeutsam für die Erholungsvorsorge.

Die jetzigen Freiflächen bilden einen Übergang vom Urbanen ins Grüne. Aus Richtung des Stadthafens nach Norden blickend, ist das gegenüberliegende Ufer und Plangebiet als grünes Ufer und Bestandteil der Landschaft wahrnehmbar. Die gewerblich genutzten Flächen im Norden und Osten des Geltungsbereiches oder die Bebauung der Dierkower Höhe sind vom Südufer nicht oder kaum erkennbar.

Abbildung 27: Fotos vom Geltungsbereich (Amt für Umwelt- und Klimaschutz 2021)

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bewertung des Ist-Zustandes die nutzungsbedingte Zweiteilung widerspiegelt. Die Gewerbeflächen im Osten und Norden des Plangebietes haben einen geringen visuellen Gesamteindruck (Stufe 1). Die Freiflächen im Westen und Süden sind zwar nicht direkt begehbar, haben aber einen ursprünglichen Charakter mit vielfältigen Landschaftselementen und sind Bestandteil des grünen Warnow-Nordufers. Eigenart, Natürlichkeit und Vielfalt sind vergleichsweise hoch, insbesondere aus Richtung Süd. Der visuelle Gesamteindruck in diesem Teil ist hoch (Stufe 3).

Bewertung der Umweltauswirkungen und Ableitung von Festsetzungsmöglichkeiten

Das Ortsbild im Planungsgebiet wird durch das Vorhaben nachhaltig verändert. Im zentralen, südlichen und westlichen Teil gehen baubedingt bestehende Freiflächen verloren und weichen anlagebedingt einem kompakt bebauten Urbanen Gebiet. Natürliche und naturnahe Landschaftselemente gehen durch die bauliche Inanspruchnahme verloren. Ebenso gehen die durch Sukzession entstandenen Neuwaldflächen mit abschirmender Wirkung des Erholungsraums an der Unterwarnow zur nördlich und östlich angrenzenden Bebauung verloren. Die Naturnähe nimmt ab. Betriebsbedingte Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft sind nicht zu erwarten.

Abbildung 28 stellt eine Visualisierung der möglichen baulichen Struktur und Höhen gemäß Rahmenplanung dar. Die Planung sieht in den zentralen Baufeldern überwiegend Gebäude mit 4 bis 5 Geschossen vor. Punktuell sind 6 Geschosse möglich, an den Quartierseingängen im Norden und Osten 7 bis 8 Geschosse. An der Kreuzung Dierkower Damm/ Hinrichsdorfer Straße ist ein einzelner Hochbau mit 10 bis 12 Geschossen geplant.

Abbildung 28: Visualisierung Planzustand Schrägsicht aus Südwest (Machleidt 2021)

Die Planung beinhaltet die Erhaltung und Anlage von zusammenhängenden Grünzügen, wobei bestehende Grünstrukturen integriert und teils erweitert werden. Die grünordnerischen Maßnahmen mindern die Auswirkungen auf das Orts- bzw. Landschaftsbild. Im Westen wird ein naturnaher Saum entlang des Speckgrabens entwickelt, in dem Bäume und Gehölzbestände erhalten werden. Der bestehende Weg wird nach Osten verlagert. Somit bleibt ein ca. 50 Meter breiter Grünzug im Westen und Süden erhalten, der sich über den geöffneten Zingelgraben bis an den Dierkower Damm fortsetzt. Am Zingelgraben entsteht ein breiter Grün- und Gewässerraum, der eine neue Wegeverbindung vom Dierkower Damm zur Warnow schafft. Im Zentrum des Quartiers ist ein weiterer Grünzug geplant, der ausgehend vom Dierkower Damm zwischen MU I und J hin zur Warnow führt. Er setzt die von der Dierkower Höhe kommende Parkstruktur fort und greift dabei den bestehenden Grabenverlauf im Zentrum auf. Damit werden neue Grünverbindungen geschaffen, insbesondere im Osten, wo aktuell keine direkten Weg- und Sichtbeziehungen bestehen.

Auf den Flächen des Entsorgungsbetriebes und des Bauhofes entstehen gemischte Baublöcke mit grünen Innenhöfen. Für die Quartiersgaragen ist Fassadenbegrünung vorgesehen. Das Ortsbild entlang des Dierkower Dammes wird aufgewertet. Im Bereich der verbleibenden Gewerbe im Südosten wird die planerische Grundlage geschaffen das Ortsbild langfristig zu verbessern.

Durch die Planung wird die urbane „Kante“ der Stadt von Osten weiter nach Westen vorrücken sowie von Norden näher an das Warnow-Ufer heran. Insbesondere aus Richtung des Stadthafens und von der Dierkower Höhe aus wird dieser Unterschied deutlich wahrnehmbar sein. Abbildung 29 zeigt eine mögliche Visulisierung aus Richtung Süden. Die Oberkante des Hochbaus im Nordwesten ist mit 48 Meter (NHN) festgesetzt. Er wird eine sichtbare Landmarke bilden und vorhandene Hochbauten in diesem Stadtteil deutlich überragen. Die Freihaltezone von 50 Metern zum Ufer laut Landschaftsplan wird eingehalten. Die wahrnehmbare Verfremdung und der Störreiz der zukünftigen Bebauung werden dadurch gemindert. Durch ein Gestaltungshandbuch und dessen verbindliche Umsetzung soll insgesamt eine hohe städtebauliche Qualität gewährleistet werden.

Abbildung 29: Visualisierung Planzustand aus Richtung Stadthafen, ohne Gemeinbedarfsfläche im Uferbereich (Machleidt 2021)

Auf der Wasserfläche ist eine schwimmende Plattform mit maximal einem Geschoss geplant. Gemessen an der Größe der dabei beanspruchten Wasserfläche bleiben die Auswirkungen der schwimmenden Gemeinbedarfsfläche auf den visuellen Gesamteindruck des Uferbereiches als mittel eingeschätzt.

Insgesamt bedingt das urbane Gebiet eine erhöhte Verfremdung (Stufe 2) des bestehenden Ortsbildes. Im Osten des Plangebietes sind diese Veränderungen positiv zu werten, denn neue Weg- und Sichtverbindungen sowie Grünflächen werden geschaffen und die Bebauung attraktiver. Im Zentrum und Süden werden naturnahe Grün-/ Freiflächen vergleichsweise dicht bebaut. . Durch Erhalt und Entwicklung von zusammenhängenden Grünflächen im Westen und Süden werden die Effekte wirksam gemindert. Die in Richtung Ufer bzw. nach Westen vorrückende Bebauung mit einem markanten Hochpunkt verändert das Landschafts- bzw. Ortsbild nachhaltig. Aufgrund der Lage des WarnowQuartiers Nahe der Innenstadt und bei Realisierung der angestrebten hohen städtebaulichen Qualität wird diese resultierende Verfremdung jedoch nicht als erheblich negativ gewertet. Die Auswirkungen auf das Ortsbild werden mittel (Stufe 2) eingestuft.

Die Bedeutung des Gebietes für die Erholung wird durch die Planung gemindert. Die abschirmende Wirkung der Gehölzflächen entfällt zwar, aber bestehende Wegbeziehungen zur Warnow bleiben erhalten und werden erweitert. Das Naturerlebnis der Warnow entlang des Uferweges wird nicht beeinträchtigt. Die Auswirkungen auf die landschaftsgebundene Erholung werden mittel (Stufe 2) eingeschätzt.

Tabelle 19: Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen für das Schutzgut Landschafts- bzw. Ortsbild)

Auswirkungen auf das Schutzgut LandschaftFestsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan
Anteilige bauliche Überprägung bisheriger Grün- und Freiflächen
  • Anlage von öffentlichen Grünflächen mit der Zweckbestimmung "Stadtgrün"
  • Schaffung von öffentlichen Grünflächen mit der Zweckbestimmung "Naturnahe Grünfläche für Biotop- und Artenschutz"
  • Erhalt vorhandener Gehölzbestande (G 7)
  • Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie Bindung für die Erhaltung von Bäumen
  • Begrünung der Außenwandflächen der Quartiersgaragen zu mindestens 25 % der Fassadenfläche mit standortgerechten, selbstklimmenden, rankenden oder schlingenden Pflanzen

4.2.9. Schutzgut Mensch/ Bevölkerung und Gesundheit

Gem. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen. Im Folgenden werden die Auswirkungen durch Lärm- und Lichtemissionen betrachtet. Nach § 50 BImSchG sind die für bestimmte Nutzungen vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden.

Weitere gesundheitsrelevante Wirkfaktoren sind Luftbelastungen durch Schadstoffe, Geruch und Staub. Diese sind Gegenstand des Kap. 4.2.6 Schutzgut Luft (S. 141). Mögliche Auswirkungen der schädlichen Bodenveränderungen sind in Kap. 4.2.4Schutzgut Boden, S. 123 dargestellt. Die Erholungsfunktion wird in Kap. 4.2.8 Schutzgut Landschaft (S. 154) behandelt.