Planungsdokumente: Bebauungsplan Nr. 15.MU.204 „Warnow-Quartier, Dierkower Damm“

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Verfahrens nehmen.

Inhaltsverzeichnis

Begründung

Vorsorgender Bodenschutz

Die neu geplanten Nutzungen sind anlagebedingt mit unterschiedlichen Versiegelungen verbunden. Die Bebauungsdichte nimmt dabei von Westen nach Osten hin zu. Die geringste Bebauungsdichte hat das Sonstige Sondergebiet SO „Umwelt, Kultur, Wissenschaft und Forschung“ im Nordwesten mit einer GRZ von 0,5. Für die urbanen Teilgebiete MU A bis D und E1 im Westen und Zentrum ist eine GRZ von je 0,6 festgesetzt. Die Baufelder im Osten am Dierkower Damm sind mit 0,8 (MU L) und 0,9 (MU E2, I bis K) sehr dicht bebaut. In den Teilgebieten MU F bis MU H im Norden sowie MU M im Süden ist jeweils eine vollständige Versiegelung zulässig. Die Gemeinbedarfsfläche auf der Warnow nimmt Wasserfläche in Anspruch, eine Versiegelung erfolgt nur geringfügig im Bereich der Zugangsbrücke. In Tabelle 9 sind die geplanten Versiegelungsflächen unter Berücksichtigung der gem. BauNVO möglichen Überschreitungen zusammengefasst. In fast allen Baufeldern liegt die GRZ über 0,6. Der zukünftige Versiegelungsgrad liegt bei insgesamt ca. 68 %. Das entspricht nach der Bewertungsmethodik der Hanse- und Universitätsstadt Rostock einer insgesamt hohen Bebauungsdichte bzw. Nutzungsintensität (Stufe 3).

Tabelle 9: Versiegelung im Planzustand (Zusammenstellung aus UmweltPlan 2022)

Baufelder und NutzungsartenFläche in m²GRZMaximale GRZVersiegelung in m² bei maximaler GRZ
MU A-E1, MU N, MU O38.0890,60,830.471
MU F-H, MU M12.4511,01,012.451
MU I-K. MU E217.5860,90,915.827
MU L12.3340,80,89.867
SO4.125 0,50,753.094
Fläche für Gemeinbedarf985 0,2*0,2211
Verkehrsflächen mit und ohne besondere Zweckbestimmung76.190 0,97*0,9773.874
Grünflächen (Stadtgrün)15.9770,1*0,11.598
Naturnahe Grünflächenstrukturen (G 7, 8, 9)36.973--0
freie Wasserfläche (Warnow, ohne Gemeinbedarf)1.775--0
Summe:216.485 147.393
Zukünftiger Versiegelungsgrad (bei maximaler GRZ)68,1 %
Aktueller Versiegelungsgrad (lt. Biotopkartierung, vgl. Tabelle 8)37,1 %

Hinweis: * Übernahme Versiegelungsgrad aus GOP, Herleitung siehe dort

Auf neu versiegelten Flächen kommt es anlagebedingt zum Verlust sämtlicher noch verbliebener, natürlicher Bodenfunktionen (Filter-, Puffer- und Lebensraumfunktion), zur Reduktion der Grundwasserneubildung und Erhöhung des Oberflächenwasserabflusses. Die Umsetzung der grünordnerischen Maßnahmen wirkt mindernd auf diese Effekte (Tabelle 10). Infolge der flächenhaft geplanten Aufschüttungen zur Hochwasservorsorge ist zudem eine weitere Verdichtung der bereits überdeckten natürlichen Bodenschichten, insbesondere des Moorkörpers, zu erwarten. Die vorkommenden Moorböden sind bereits stark zersetzt bzw. degradiert (s. o.). Mögliche Auswirkungen infolge einer baubedingten Freisetzung von Treibhausgasemissionen sind bei Umsetzung der lt. Baugrundgutachten empfohlenen Tiefgründung jedoch nicht oder nur in sehr geringem, nicht erheblichen Maße zu erwarten. Bei Anwendung der lt. Baugrundgutachten empfohlenen Gründung mit Verdrängungspfählen werden THG-Emissionen vermieden (BauGrund GA 8.9.2020 Vollverdrängungspfähle, Kap. 7). Dies ist jedoch nicht festsetzbar.

Baubedingt könnten durch unsachgemäßen Umgang mit Maschinen und Fahrzeugen Schadstoffe in den Boden gelangen. Durch sachgemäßen Umgang sind derartige Beeinträchtigungen jedoch vermeidbar. Betriebsbedingt könnten durch Niederschlagswasser Schadstoffeinträge z. B. ausgehend von den Verkehrsflächen erfolgen. Aufgrund der Maßnahmen für ein verkehrsarmes Quartier (Quartiersgaragen, Beschränkung der Verkehrsflächen) wird das Verkehrsaufkommen im Quartier deutlich geringer als in einem „klassischen“ Wohnviertel sein (Tabelle 15). Sie wirken als Vermeidungs- und Minderungsmaßnahme.

Die geplante Nutzungsintensität betrifft flächendeckend bereits anthropogen überprägte und belastete Böden. Daraus resultiert eine mittlere Beeinträchtigung der betroffenen Böden im Hinblick auf den Verlust noch verbliebener natürlicher Bodenfunktionen.

Nachsorgender Bodenschutz

Anlagebedingt entsteht neue Wohn- und Gewerbenutzung auf Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen. Zur Beurteilung, ob diese Bodenbelastungen mit den geplanten Nutzungen vereinbar sind, ist gemäß BBodSchV der Tiefenbereich 0,0 – 0,35 m u. GOK (Wirkungspfad Boden – Mensch) bzw. 0,0 – 0,6 m u. GOK (Wirkungspfad Boden – Nutzpflanze) maßgebend. Dies wurde im Baugrundgutachten geprüft.

Im Tiefenbereich bis 1,0 m u. GOK wurden keine Überschreitungen der Prüfwerte der BbodSchV festgestellt, die den geplanten Nutzungen entgegenstehen würden (Baugrund Stralsund 2019b). Es sind daher im Ergebnis der ausgeführten Untersuchungen bei Beibehaltung (oder Anhebung) der bestehenden Geländeoberkanten keine Dekontaminations- oder Sicherungsmaßnahmen erforderlich, um die geplanten Nutzungen realisieren zu können.

Im Tiefenbereich unter 1,0 m u. GOK wurden hingegen verbreitet Schadstoffgehalte festgestellt, die oberhalb der Prüfwerte der BbodSchV liegen. Im Falle von tieferen Abgrabungen ist daher einzelfallbezogen zu prüfen, ob Dekontaminations- oder Sicherungsmaßnahmen erforderlich werden. Die vorhandenen Schadstoffe könnten durch den Menschen aufgenommen werden. Um das zu verhindern muss im Bedarfsfall bei tieferen Abgrabungen eine Sanierung erfolgen, entweder durch Austausch der belasteten Erdstoffe (Dekontamination) bis mindestens 0,6 m u. GOK gegen unbelastete Erdstoffe oder durch Bodenüberdeckung oder Versiegelung der Flächen (Sicherung) (Baugrund Stralsund 2019b:41).

Mit einer künftigen Nutzung als Wohngebiet bestehen unter Berücksichtigung der Prüfwerte der BbodSchV ebenfalls keine Konflikte, sofern eine Nutzung als Kinderspielflächen und/oder als Flächen für den Nutzpflanzenanbau ausgeschlossen wird. In Bereichen, die als Kinderspielflächen und/oder zum Nutzpflanzenanbau vorgesehen sind, empfiehlt das Gutachten Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen. Dies kann in einfacher Weise entweder durch Bodenüberdeckung oder durch Bodenaustausch in einer Dicke von 60 cm (max. Nutzungstiefe gemäß BbodSchV im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden – Nutzpflanze) erfolgen (Baugrund Stralsund 2019a: 23f.).

Durch ergänzende Grundwasseruntersuchungen im Bereich der Freiflächen und im Bereich des Zingelgrabens wurde gleichfalls untersucht, ob und in welchem Ausmaß die festgestellten Belastungen eine Gefährdung für das Grundwasser darstellen (vgl. Kap. 4.2.5 Grundwasser, S. 135). Im Ergebnis wurde festgestellt, dass nahezu flächig im oberen Grundwasserbereich der Prüfwert der BbodSchV zur Bewertung des Direktpfades Boden – Grundwasser für Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) überschritten wird. Da aber bereits im Grundwasseranstrom erhöhte PAK-Konzentrationen gemessen wurden, kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass im Geltungsbereich keine zusätzliche Befrachtung des Grundwassers erfolgt und noch keine Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr erforderlich sind (Baugrund Stralsund 2021).

Zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes ist im Geltungsbereich die Anhebung des Geländeniveaus erforderlich. Der dafür notwendige Auftrag von Boden kann überdies als Sicherung der Altablagerung betrachtet werden. Er erfolgt im Rahmen der Erschließung durch die Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Umfangreiche Abgrabungen sind voraussichtlich nur im Bereich des Zingelgrabens zu erwarten. Hierfür wird ein Arbeitsschutz-, Bodenmanagement- und Entsorgungskonzept benötigt. Diese Sanierungsplanung erfolgt im Rahmen der Grabenöffnung durch die Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Die vorhandenen schädlichen Bodenveränderungen stehen damit unter Beachtung der Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen (Tabelle 10) den geplanten Nutzungen nicht entgegen.

Die ermittelten Auswirkungen auf das Schutzgut Boden werden als nicht erheblich im Sinne der Überwachungsvorschrift § 4c BauGB eingeschätzt.

Tabelle 10: Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen für das Schutzgut Boden

mögliche Auswirkungen auf das Schutzgut BodenFestsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan bzw. Verweis auf weitere Umsetzungsschritte
Verlust verbliebener Bodenfunktionen durch Neuversiegelung bisher unversiegelter Flächen
  • Ausweisung öffentlicher Grünflächen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB
  • Festsetzung von Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft gem. § 9 Abs. 1 Nr. 20 und 25 BauGB
  • Festsetzung von Dachbegrünung gem. § 9 Abs. 4 BauGB i. V. m. § 86 LbauO M-V
Freisetzung von Schadstoffen auf Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen
  • Darstellung der Altablagerungen und Altlaststandorte gem. § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB
  • Textliche Festsetzung, dass bei der Herstellung von Spiel- und sonstigen unbefestigter Aufenthaltsflächen im Freien ein Bodenauftrag bzw. ein Bodenaustausch unter Einbringung von unbelastetem Bodenmaterial in einer Mächtigkeit von mindestens 65 cm im endverdichteten Zustand vorzunehmen ist
  • Durchführungsrelevanter Hinweis, dass auf Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind, bei Tiefbauarbeiten mit schadstoffbelastetem Bodenaushub zu rechnen ist. Zu entsorgender Bodenaushub ist chemisch zu analysieren und entsprechend dem Abfallrecht zu verwerten oder zu beseitigen.
  • keine Festsetzung, aber nachgeordnete Maßnahme: Vermeidung der punktuell konzentrierten Versickerung von Niederschlagswasser durch Umsetzung der Maßnahmen des Entwässerungskonzeptes

4.2.5. Schutzgut Wasser

Gem. Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und Landeswassergesetz (LwaG M-V) sind Gewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und deren Bewirtschaftung sowie zum Wohl der Allgemeinheit zu schützen. Vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen und Schadstoffeinträge sind zu unterlassen. Im Sinne der Daseinsvorsorge ist der Entstehung von Hochwasserschäden vorzubeugen und es gilt die Vorsorgepflicht gemäß § 5 Absatz 2 WHG.

Weiterhin ist die EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu beachten. Sie dient dem Schutz der Oberflächengewässer und des Grundwassers zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie zum Schutz und zur Verbesserung des Zustandes dieser aquatischen Ökosysteme. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen durchzuführen, um eine Verschlechterung des Zustandes aller Oberflächenwasserkörper und auch der Grundwasserkörper zu verhindern, sie zu schützen, zu verbessern und zu sanieren. Bauleitpläne dürfen den Bewirtschaftungszielen der Europäischen Wasserrichtlinie (WRRL) nicht entgegenstehen und nicht zu einer Verschlechterung der berührten Wasserkörper führen.