Planungsdokumente: Bebauungsplan Nr. 11.M.200 "Am Rathaus / Am Schilde"

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Inhaltsverzeichnis

Begründung

3.1.1. Urbane Gebiete (§ 6a BauNVO)

Entsprechend gültigem Flächennutzungsplan und Festschreibung der Sanierungsziele im Städtebaulichen Rahmenplan „Stadtzentrum Rostock“ ist ein wesentliches Ziel der Erhalt und die Stärkung der Wohnnutzung im Stadtzentrum. Die jetzt vorhandenen Brachflächen stellen eine mögliche Ergänzung der angrenzenden Wohngebiete der Nördlichen und Östlichen Altstadt dar. Die erforderliche Verbindung mit dem Stadtzentrum als zentraler Standort von Gewerbe, Verwaltung und Wissenschaft bedarf ebenfalls einer gebührenden Beachtung. Entsprechend der Zielstellung der Hanse- und Universitätsstadt Rostock zur größtmöglichen Einordnung von Wohnungsbau in innerstädtischen Bereichen (Vermeidung von Versiegelung von Außenbereichsflächen) sowie unter Beachtung der Auflagen aus dem Lärmschutzgutachten für das Planungsgebiet (Anlage 3) ist eine Ausweisung als Mischgebiet oder Kerngebiet nicht zielführend. Keines diese Baugebietskategorien ermöglicht es, die besonderen Zielstellungen für diesen städtebaulich bedeutsamen Bereich zu sichern.

Das Urbane Gebiet ermöglicht eine horizontale sowie vertikale Gliederung der Nutzung, ohne wie im Kerngebiet den Schwerpunkt Gewerbe zu berücksichtigen oder die im Mischgebiet angestrebte gleiche Verteilung von Wohnen und Gewerbe beachten zu müssen. Den wohnungspolitischen Zielen der Hanse- und Universitätsstadt Rostock entspricht daher für die variable Verteilung oder Konzentration von Wohnnutzung sowie der Weiterführung städtebaulicher Verdichtung das Urbane Gebiet.

Es soll ein lebendiges innerstädtisches Quartier entstehen, was unter Einbeziehung der historischen Gestalt sowie jetzt vorherrschenden örtlichen Gegebenheiten Antworten auf bestehende Problemlagen wie z. B. Lärm, Verdichtung, Nutzungsmischung, die Unterbringung des ruhenden Verkehrs sowie auf eine attraktive Freiraumgestaltung finden muss. Durch die Nutzungsmischung bekommt das Quartier eine gesamtstädtische Bedeutung und wird als lebendiger öffentlicher Raum auch für Touristen attraktiv.

Teile des Plangebietes werden mit den Bezeichnungen MU 1 und MU 2 ausgewiesen. Aufgrund unterschiedlicher Festsetzungen wird das Gebiet MU 1 in die Teilflächen MU 1A und MU 1B gegliedert.

Zur Sicherung eines hohen Anteils an Wohnnutzung soll für Teile des Gebietes gemäß § 9 Abs. 3 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauNVO und § 6a Abs. 4 BauNVO festgesetzt werden, dass in dem Teil des Urbanen Gebietes mit der Bezeichnung MU 2 ab dem 3. Vollgeschoss entlang der Straße Vogelsang und ansonsten ab dem 2. Vollgeschoss nur Wohnnutzungen und Räume für freie Berufe zulässig sind.

Durch Festsetzung der Wohnnutzung ab dem 2. oder 3. Vollgeschoss im Baufeld MU 2 und die Möglichkeit der Wohnnutzung im Baufeld MU 1A ab dem 2. oder 3. Vollgeschoss wird die Mischnutzung im Stadtgebiet gestärkt. Der Charakter eines Wohngebietes bleibt für die mit der Kleinen Wasserstraße beginnende Östliche Altstadt erhalten.

Die Wohnnutzung ist im MU 1B, im MU 1A und MU 2 im 1. Vollgeschoss sowie im MU 1A und MU 2 im 2. Vollgeschoss entlang der Straße Vogelsang nicht zulässig, sodass diese Flächen der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören, dienen. Diese Aufteilung der Nutzungen findet sich auch in den umliegenden Bereichen der Innenstadt wieder.

Im MU 1B ist aus Lärmschutzgründen keine Wohnnutzung erlaubt. Dieser Gebäudekörper dient den rückwärtigen Bereichen u. a. auch als Lärmschutzriegel. Des Weiteren ist es sinnvoll, die prädestinierte Lage am Markt den Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben zur Verfügung zu stellen, um eine lebendige Innenstadt zu schaffen. Die Mischung von Wohnen und Arbeiten ermöglicht eine Stadt der kurzen Wege und erhöht ganztägig die Nutzerdichte im Quartier.

Als Verbindung zwischen dem Stadtzentrum und der Östlichen Altstadt kommt dem 1. Vollgeschoss eine besondere Bedeutung zu. Die Funktion dieses Entwicklungsbereichs bedarf einer Belebung mit Einzelhandel, Gewerbe und Dienstleistungen.

Die gemäß § 6a Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, Tankstellen sowie Ferienwohnungen und Ferienhäuser wirken dem Nutzungszweck des Gebietes, der funktionellen und städtebaulichen Aufwertung des zentralen Bereiches des Stadtzentrums zuwider.

Die dafür benötigten Flächen gehen den städtebaulich beabsichtigten Nutzungen wie Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen sowie dem Wohnen verloren. Gleichfalls können sich diese Nutzungen aufgrund des durch sie hervorgerufenen Verkehrsaufkommens störend auf die Wohnnutzung auswirken.

Ausnahmsweise zulässige Nutzungen werden gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans, da sie dem angestrebten Charakter des Urbanen Gebietes widersprechen.

Vergnügungsstätten, Bordelle/Wohnungsprostitution

Vergnügungsstätten, Bordelle und Wohnungsprostitution bleiben zum Schutz des innerstädtischen Wohnens im Gebiet sowie der nahen Wohngebiete ausgeschlossen. Die Ausübung von Prostitution wird regelmäßig als eine dem Wohnen gegenüber störanfällige Nutzung gesehen. Prostitutionsnutzungen neigen zudem dazu, das geschäftliche Niveau des Quartieres abzusenken und einen Trading-down-Effekt auszulösen. Seriöse Dienstleistungs- und Einzelhandelsbetriebe meiden Standorte in unmittelbarer Nähe eines Bordells oder einer bekannten Prostituiertenwohnung, weil sich ihre Kunden nicht gerne in unmittelbarer Nähe solcher Etablissements sehen lassen möchten. Damit würde auch die angestrebte Aufenthaltsqualität an diesem Standort gefährdet werden.

Entsprechende Einrichtungen befinden sich in Gebieten, die keinerlei oder nur eine sehr eingeschränkte Wohnfunktion aufweisen.

Ferienwohnungen

Mit dem planungsrechtlichen Ausschluss von Ferienwohnungen/Ferienhäusern soll der entstehende Wohnraum dauerhaft gegenüber einer Zweckentfremdung geschützt werden. Zulässig bleiben Betriebe des Beherbergungsgewerbes als klassisch gewerbliche Nutzungen, die neben der Überlassung von Räumen beherbergungstypische Dienstleistungen anbieten (OVG Greifswald vom 19. Februar 2014 (3 L 212/12)).

Tankstellen

Die Zulässigkeit einer Tankstelle deckt sich nicht mit dem innerstädtischen Charakter und steht in Konflikt zur Hauptnutzung des Baugebiets. Moderne Tankstellen müssen aus Wirtschaftlichkeitsgründen über mehrere Zapfsäulen und zusätzliche Servicebereiche verfügen, die ggfs. einen 24-Stunden-Betrieb aufweisen. Dieser wäre mit den Mitteln des Planungsrechtes nicht zu verhindern. Eine Integration in Gebäude mit sonstigen Nutzungen findet heute nicht mehr statt. Wegen der flächenhaften Ausdehnung und des hohen Störpotenzials lassen sich neue Tankstellen daher nicht in das Plangebiet integrieren. Darüber hinaus würde die Ansiedlung einer Tankstelle zusätzlichen Verkehr anziehen, was der im Umfeld des Gebiets ohnehin hohen Verkehrsbelastung nicht zuzumuten wäre. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans sind Tankstellen deshalb aus den genannten städtebaulichen Gründen unzulässig.

Tankstellen sind an Hauptverkehrsstraßen im weiteren Umfeld des Plangebiets (u. a. Warnowufer, Verbindungsweg, Erich-Schlesinger-Straße) vorhanden.

3.2. Maß der baulichen Nutzung

Die Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung können gemäß § 17 Abs. 2 BauNVO aus städtebaulichen Gründen überschritten werden, wenn die Überschreitung durch Umstände ausgeglichen ist oder durch Maßnahmen ausgeglichen wird, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden und nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden werden.

3.2.1. Grundflächenzahl (GRZ), zulässige Grundfläche

Für die Bauflächen im MU 1 wird eine GRZ von 1,0 und im MU 2 von 0,8 festgesetzt.

Die Obergrenze der GRZ für Urbane Gebiete beträgt 0,8 (§ 17 Abs. 1 BauNVO).

Dem Planungsziel der Nachverdichtung eines innerstädtischen Gebiets sowie dem in § 1a Abs. 2 BauGB verankerten Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden folgend, setzt der Bebauungsplanentwurf hohe Nutzungsmaße fest, die eine städtebaulich angemessene Verdichtung ermöglichen.

Ab dem 2. Vollgeschoss ist im MU 1A Wohnen zulässig. Da eine GRZ von 1,0 festgesetzt ist, soll in Kombination mit der GFZ gewährleistet werden, dass in Bereichen wo Wohnen möglich oder zwingend festgesetzt ist, die Gestaltungsmöglichkeit einer beidseitigen Belichtung und Belüftung von Wohnungen und Arbeitsräumen in den Geschossen besteht. Gemäß dem Quartiersblatt soll trotz der 100 % Überbauung ein Innenhof entstehen. Diese sind dann mit einer 100%igen intensiven Dachbegrünung umzusetzen. Die Auflage eines zu 100 % begrünten Innenhofs und zusätzlicher begrünter Flachdächer soll einen Teil der entfallenden Freiflächen kompensieren. Bei dem Plangebiet handelt es sich um einen erschlossenen Innenstadtbereich, dessen Quartier historisch stark über- und unterbaut war. Nach den großflächigen Zerstörungen der Gebäudestrukturen im zweiten Weltkrieg entwickelte sich eher ungeplant und sukzessiv eine Grünfläche mit Flora und Fauna im nördlichen Bereich des Gebietes. Seit der Novellierung 2013 ist im Baugesetzbuch festgehalten, dass die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll (§1, Abs. 5 BauGB). Der Innenentwicklung kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, nutzungsgemischte Wohn- und Versorgungstandorte im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu gestalten. Um dem anhaltenden Siedlungswachstum gerecht zu werden und eine Entwicklung von unerschlossenen Flächen im Außenbereich zu entgegnen ist es notwendig entsprechende Flächen bestmöglich zu entwickeln. Die Entwicklung einer innerstädtischen Fläche und damit mit besonderer Lagegunst entspricht der Innen- vor Außenentwicklung. Der Bebauungsplan reagiert auf die großflächige Verdichtung durch eine doppelte Innenentwicklung. Durch ein Maximum an möglichen Maßnahmen soll der Verlust der mittlerweile etablierten innerstädtischen Grünfläche kompensiert werden. Zugleich sollen die Standortpotentiale in diesem Bereich bestmöglich genutzt werden, um auf die Neuinanspruchnahme von dezentralen und nicht erschlossenen Flächen im Außenbereich verzichten zu können.

Die Notwendigkeit einer mindestens im Untergeschoss erforderlichen 100%igen Ausnutzung des Grundstückes ergibt sich aus der Notwendigkeit der Einordnung einer Tiefgarage, um den erforderlichen Stellplatzbedarf abzusichern. Oberirdische Stellplätze widersprechen dem Ziel einer hochwertigen Nutzung im Sinne der städtebaulichen Aufwertung des Stadtzentrums und schränken den für die Bedarfsabsicherung im Sektor Einzelhandel und Dienstleistungen sowie auch Wohnungsbau erforderlichen Nachweis im Stadtzentrum der Hanse- und Universitätsstadt Rostock erheblich ein.

Durch die Festsetzung einer GRZ von 1,0 in Kombination mit der GFZ von 4,0 bei möglichen 6 Geschossen wird eine für den Spielplatzflächenbedarf erforderliche Mindest-Freifläche ermöglicht, sodass die Wohnqualität im dicht bebauten Innenstadtbereich sichergestellt und die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden.

Durch festgesetzte Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft werden nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden, soweit dieses im dicht bebauten Innenstadtbereich möglich ist.

Die generelle Einhaltung der Obergrenzen (GRZ 0,8) auch in den Untergeschossen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung würde zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen. Bei einer derartigen Begrenzung der Tiefgaragen könnten die notwendigen Stellplätze nicht nachgewiesen werden. Auch bei einer 100%igen Unterbauung ist der Nachweis der Stellplätze entsprechend gültiger Stellplatzsatzung nicht umsetzbar. Daher sollen durch die Unterbauungsabsicht der Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung alle Tiefgaragen unter den Baufeldern MU 1, MU 2, GB 2 miteinander verbunden werden.

Für den Verwaltungshauptkörper in der Gemeinbedarfsfläche (GB) GB 2 ist eine GRZ von 1,0 vorgesehen. Trotz dessen sollen die Baukörper durch entsprechende Höhenfestsetzungen so ausgebildet werden, dass eine ausreichende Belichtung für die zum Innenhof gerichteten Arbeitsräume gewährleistet ist. Die Festsetzung einer GRZ von 1,0 soll den sparsamen Umgang mit Bauflächen im Innenstadtbereich absichern und eine größtmögliche Fläche für die Verwaltung schaffen, um keine weiteren Flächen an anderer Stelle nutzen zu müssen. Das Baufeld GB 2 kann diese Funktion nur gewährleisten, indem die Fläche intensiv genutzt wird.

Die Verbindung zwischen den Baufeldern GB 1 und GB 2 wird durch einen Verbindungsbaukörper gewährleistet, der mit einem Luftgeschoss auf Höhe des 1. Vollgeschosseses von Baufeld GB 1 zudem eine Durchwegung zwischen der Straße Hinter dem Rathaus und dem neuen Platz Am Schilde schafft.

Das Baufeld GB 1 nimmt im Rahmen der ausgewiesenen Flächen für den zentralen Verwaltungsstandort eine Sonderstellung ein. Dieser Bereich hat folgende Funktionen:

  • aus städtebaulicher Sicht eine repräsentative Funktion,
  • aus denkmalpflegerischer Sicht die Wiederaufnahme einer Baukante, die den neuen Platz Am Schilde mit einem ehemals dort vorhandenen Doppelgiebel abschließen soll,
  • aus verwaltungstechnischen und öffentlichkeitswirksamen Gründen soll das Gebäude den Bürgerschaftssaal und die Räumlichkeiten für die Bürgerschaftsmitglieder aufnehmen.

Das Baufeld GB 1 kann diese Funktionen nur gewährleisten durch die Festsetzung einer GRZ von 1,0 und einer intensiven Ausnutzung der Fläche.