Planungsdokumente: Sachlicher Teilflächennutzungsplan Windenergie Görmin

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Inhaltsverzeichnis

Begründung mit Umweltbericht

2.2 Abgrenzung der Gebietskulisse

2.2.1 Eignungsgebiet Nord

Um eine Flächenkulisse der Windeignungsflächen plausibel und nachvollziehbar begründen zu können, sind in einem gesamträumlichen Planungskonzept sowohl die Erwägungen für die positive Standortzuweisung als auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzuzeigen. Gemäß BVerwG Urteil vom 11.04.2013 - 4 CN 2.12 hat sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts dabei abschnittsweise zu vollziehen:

„In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern …. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung „schlechthin“ ungeeignet sind (…), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen „von vornherein“ ausgeschlossen werden „soll“ (…). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrigbleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.“

Die vom BVerwG formulierten Vorgaben zur Auswahl von Windeignungsgebieten wurden vom Planungsverband bei der 2. Änderung des RREP VP für die Planungsregion Vorpommern berücksichtigt (vgl. Zweite Änderung des RREP VP).

Angesichts der bereits erfolgten transparenten Festlegung der Gebietskulisse auf der Ebene der Planungsregion sowie geschuldet der Bindungswirkung nach § 4 (1) ROG bzw. § 1 (4) BauGB für die Ziele der Raumordnung entfällt für das von der Raumordnung als Ziel der Raumordnung vorgegebenen Eignungsgebiet nördlich der BAB A 20 das Erfordernis einer erneuten Ableitung der Flächenkulisse. Die Abgrenzung ist im Südwesten und Süden durch den geforderten Abstand von 1.000 m zur Wohnbebauung der Ortslagen Böken und Göslow, im Osten und Norden durch die Gemeindegrenze flächenscharf vorgegeben.

Das insgesamt (d.h. auf Ebene der Raumordnung gemeindeübergreifend) 130 ha große Gebiet wird nach derzeitiger Planung insgesamt 13 Windkraftanlagen mit Nabenhöhen von rund 160 m erhalten. Die betroffene Landschaft ist Bestandteil der durch großflächige Landwirtschaft geprägten Kulturlandschaft Vorpommerns. Die von der Neuausweisung betroffenen Flächen werden derzeit ausschließlich als Ackerflächen genutzt. Innerhalb der Ackerflächen sind diverse kleinere und mittelgroße Gehölz-, Feuchtbereichs- und Gewässerstrukturen gelegen, welche zumeist als gesetzlich geschützte Biotope ausgewiesen sind. Wasser- oder naturschutzrechtlich geschützte Gebiete sind nicht vorhanden. Auch befinden sich keine nach europäischem Recht geschützten Gebiete (VSG, GGB) im weiteren Umkreis der Fläche.

Hinsichtlich der Abgrenzung muss im Detail das von der Gemeinde bestätigte Altgebiet (vgl. Abschnitt 2.2.2) berücksichtigt werden. Das im Sinne des Bestandserhalts dargestellte Eignungsgebiet Süd schirmt das neue Eignungsgebiet Nord gegenüber der Wohnbebauung in den Orten Böken und Göslow ab. In dem abgeschirmten Bereich ist die Einhaltung des Mindestabstands von 800 m bzw. 1.000 m zur Wohnbebauung nicht mehr erforderlich. Die auf die Gemeinde Görmin entfallende Fläche des Eignungsgebiets vergrößert sich dadurch von gut 22 ha auf knapp 32 ha.

2.2.2 Eignungsgebiet Süd

Südlich der BAB A 20 liegt der bestehende Windpark Görmin, der ab bereits 1998 in mehreren Abschnitten entstand. Im Windeignungsgebiet Görmin lt. Regionalem Raumentwicklungsprogramm der Planungsregion Mecklenburgische Seenplatte existieren z. Zt. insgesamt 14 Windenergieanlagen – 7 x VESTAS V 47 mit Nennleistungen von je 660 kW und Nabenhöhen von 65 m (2 davon sollen durch eine E-126 ersetzt werden – der BImSchG-Antrag wurde am 16.03.2018 eingereicht), 4 x VESTAS V 80 mit Nennleistungen von je 2000 kW und Nabenhöhen von 100 m, 1 x VESTAS V 90 mit einer Nennleistung von 2000 kW und einer Nabenhöhe von 95 m, 1 x ENERCON E 101 mit einer Nennleistung von 3000 kW und einer Nabenhöhe von 99 m und 1x WEA VESTAS V 112 mit einer Nennleistung von 3300 kW mit 94 m Nabenhöhe. Der bestehende Windpark Görmin befindet sich jedoch südlich des neu ausgewiesenen Windeignungsgebiets auf der südwestlichen Seite der BAB A 20.

Bei der Aufstellung des RREP MS im Jahr 2011 wurde das Eignungsgebiet für Windenergieanlagen in Görmin mit ca. 106 ha übernommen, obwohl die neuen Suchkriterien hinsichtlich der geforderten Abstände zu Wohnsiedlungen von 1.000 m sowie zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich von 800 m nicht eingehalten werden. In der Begründung wurde ausgeführt: „Die bereits bestehenden und hier übernommenen Eignungsgebiete entsprechen in vielen Fällen nicht den Kriterien nach Abbildung 34. Sie wurden jedoch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten (erhebliche Infrastrukturinvestitionen), Eigentümerinteressen sowie zur Gewährleistung einer Kontinuität und Verlässlichkeit in der Planung übernommen, soweit keine anderen Belange entgegenstanden. In diesen Gebieten soll der Bestand an Windenergieanlagen nach Möglichkeit gesichert sowie unter Beachtung der Abstandserfordernisse zur Wohnbebauung und sonstiger Erfordernisse Repowering zugelassen werden.

Das rechtskräftige WEG 7 lt. RREP VP 2. Änderung (hier: ehem. RREP Mecklenburgische Seenplatte 2011) entspricht nicht den neuen Kriterien, daher muss eine Einzelfallabwägung zwischen dem Schutzbedürfnis der Wohnnutzung und den Belangen der Windkraft erfolgen. Grundsätzlich lässt sich die Gemeinde von der Überlegung leiten, dass der erforderliche Abstand von der Gesamthöhe der Anlagen bestimmt wird. Allgemein wird davon ausgegangen, dass, um eine erdrückende Wirkung zu verhindern, der Abstand mindestens das Dreifache der Anlagenhöhe betragen muss (vgl. OVG Münster Urt. v. 9.08.2006 – 8 A 3726/05).

Die raumordnerisch ausgewiesene Gebietskulisse reicht zum Teil bis auf 500 m an die Wohnbebauung in Böken heran und muss daher aus heutiger Sicht als unverträglich gelten. Diese Flächen sind für moderne Windkraftanlage bei Vermeidung einer erdrückenden Wirkung nicht nutzbar und wurden auch bisher nicht mit Windkraftanlagen bebaut. Die errichteten Anlagen wahren einen Mindestabstand von 500 m zur Wohnbebauung sowohl in Böken als auch in Göslow, was auch am Rand nach den Kriterien des OVG Münster Anlagenhöhen bis rund 160 m ermöglicht. Auf den zentralen inneren Flächen sind bei Abständen von 800 m und mehr zur nächstgelegenen Wohnbebauung alle derzeit gebräuchlichen Anlagenhöhen möglich.

Um eine räumliche Ausweitung des tatsächlichen Windparks in Richtung Wohnbebauung auch zukünftig auszuschließen, wird die Grenze des Eignungsgebiets von der Wohnbebauung aus in Richtung der bestehenden Anlagenstandorte zurückgenommen, so dass ein Mindestabstand von 500 m eingehalten wird. Die Abgrenzung des Windeignungsgebiets wird entsprechend dieser Vorgabe im Detail angepasst. Dabei liegen fünf Anlagen deutlich außerhalb des zukünftigen Sondergebietes Wind, dessen Größe sich durch die neu berücksichtigten Abstände von 106 ha auf 79 ha reduziert. Im Zuge des Repowerings wird folglich die Zahl der Anlagen zu reduzieren sein, was jedoch angesichts der deutlichen Leistungssteigerung der einzelnen Anlagen einer Zunahme der installierten Leistung nicht im Wege steht.

Mit der Ausweisung der beiden Windeignungsgebiete wird der Windenergienutzung „in substanzieller Weise Raum verschafft“. Die beiden Eignungsgebiete umfassen rund 96 ha und damit knapp 3 % des insgesamt rund 3.515 ha großen Gemeindegebiets.